Blick aus dem Kaisertal zum Kleinen Halt (Mitte) rechts im Anschluß liegt der Gamshalt, |
Nach längerer Zeit war es mal wieder so weit und es stand
ein Wochenende in den Alpen an. Das Timing hätte besser nicht sein können, denn
der Wetterbericht sagte 42 Grad für Dresden vorher. Nur die Wahl des Zieles war
für mich ungewöhnlich. Nicht nur die Ferien für Süddeutschland ließen uns auf ein
naheliegendes Ziele planen. Das nächstgelegene war der Wilde Kaiser welchen man
in 5h mit dem Auto erreichen kann. Der Ausgangspunkt war das Hans-Berger-Haus
im Kaisertal, da mir diese Seite des Wilden Kaisers noch gänzlich unbekannt war
und die Angelegenheit fing schon recht amüsant an.
Als ich einen Tag zuvor auf der Hütte anrief war diese zwar
ausgebucht, aber als ich erwähnte das wir Klettern gehen wollten standen uns
die Türen der Gastfreundschaft offen. Selten habe ich eine Hütte erlebt bei der
Kletterer so beliebt sind. Aber dazu später.
Am Freitag ging es mit Issy und Drahteseln nach Kufstein.
Der Anstieg war etwas kräftezehrend und manche beäugten uns skeptisch, weil Fahrräder
nicht gerne gesehen sind im Kaisertal,
davon war aber auf der Hütte wenig zu spüren.
Da die Hütte voll ausgebucht war wurden wir freundlicherweise
im Lager des Gastsherpas untergebracht. Ein kleines Zimmer welches vorsorglich
mit 2 Doppelstockbetten ausgestattet war, wurde für die nächsten 2 Tage unser
Zuhause. Wir hatten somit die Möglichkeit uns zeitig schlafen zu legen bzw. Mittagschlaf
zu machen ohne gestört zu werden. Dies war für uns ein Luxus den wir sehr zu
schätzen wussten. Wir fühlten uns quasi wie Könige im Kaiser.
Für die 1,5 Tage standen die 2 folgenden Routen auf dem Programm.
Schöne Neue Welt (9+/10-
/ 200m)
Am ersten Morgen ging es früh los und durch die im Sommer
übliche morgendliche Helligkeit waren die Strahlen der Sonne bereits rotglühend
an den Felsen zu sehen.
Da ich den Führer nicht sehr aufmerksam gelesen hatte,
wunderten wir uns, dass es noch über eine Stunde Fußmarsch von der Hütte war.
So stiegen wir zum oberen Scharlinger
Boden auf und wunderten uns, dass es eine Stunde gedauert hat, was nach Aussage
der Wirtin schnell war.
Die Wand des Haltplattenschild mit der Route „Schöne neue
Welt“ war mit 160 m Höhe eher mickrig gerade vor dem Hintergrund des 600m hohen
Gamshalt oder des fast 1000m hohen Kleinen Halt mit seinen großen
Plattenfluchten.
Ich in der ersten Länge von Schöne neue Welt |
Beim Betrachten der kleinen Wand, wunderte ich mich schon
irgendwie warum ich gerade diese Route gewählt hatte und am Nachmittag sprachen
uns die Tischgefährten offen darauf an. Ich konnte mich also nicht um die
Antwort drücken. So einfach die Antwort auch war so dämlich klang sie auf
einmal.
Ich hatte beim
Durchblättern des Führers die 2 schwersten Routen in diesem Teil des Kaisers
ausgewählt. Da hatte die Route für heute 7 Seillängen und die für den Sonntag
16. Erst als wir davor standen bemerkte ich das einige Längen gerade mal 20m
waren.
Ich behielt meine Enttäuschung für mich und los ging es. Es
ging zügig voran, da die ersten Längen noch kürzer als angegeben waren. Wie
immer ging es am Morgen sehr ungelenk los und das glatte Gestein des Kaisers
war etwas gewöhnungsbedürftig. Wir waren nach 1,5h an dem überwölbten Band
welches die Crux darstellte. Die Absicherung war sehr gut und die Züge waren
athletisch. Leider waren die Griffe in diesem steilen Wandteil sehr staubig und
man musste etwas putzen damit man die Griffe halten konnte. Was dies angeht bin
ich von den Wendenstöcken extrem verwöhnt. Die trickreiche Stelle gelang mir
zwar im ersten RP-Versuch aber leider war es Issy nicht vergönnt
durchzusteigen, denn die Züge waren nicht angenehm für seinen Ellenbogen. Alles
in allem fühle sich die Einstufung eher gängig an aber vielleicht kam mir das
boulderlastige Klettern zur Zeit entgegen. Die 5. Länge war am Ende nur mal kurz
schwern nur die 6. Länge sträubte sich noch etwas. Das Gestein war etwas
splittrig und die Kletterei sehr unübersichtlich. Am Ende gelang auch diese im 2.
Versuch. Ich hatte insgesamt das Gefühl, dass die Route durch die wenigen
Wiederholungen etwas zugekeimt ist. Auch dem Gestein könnte etwas mehr abklettern
gut tun. Alles in allem keine Empfehlung um hin zu fahren aber wenn man da ist
kann man sie mitnehmen.
Issy in der letzten 9er Länge von Schöne neue Welt |
Nach 6 Stunden standen wir wieder am Einstieg und legten uns
in den Schatten eines großen Felsblocks am oberen Scharlinger Boden. Es war
echt angenehm und durch den Wind im Schatten sogar kühl. Nach der ausgedehnten
Mittagspause machten wir uns auf den Abstieg zur Hütte. Zum Glück hatte Issy
bereits am Morgen die Idee gehabt, das komplette Kletterzeug unter einem
Felsblock zu verstecken. So war der Abstieg fast ohne Gepäck umso angenehmer.
Wie bereits angesprochen sind Kletterer am Hans-Berger-Haus sehr willkommen und
die Wirtin interessiert sich für jede Route die ihre Gäste geklettert haben.
Wir saßen nichtsahnend auf der Terrasse und schwitzten selbst im Schatten. Es
dauerte nicht lange, da wurde uns von der Wirtin ein Schnaps ausgegeben und sie
gratulierte uns zu unserem Erfolg. Auch der Abend war sehr unterhaltsam und da
das Bier nur 3,5€ kostete schlief Issy wie ein Baby. Er hörte nicht einmal, dass
abends noch gemütlich vor der Hütte gesungen wurde und war sogar ohne Wecker 4
Uhr wach.
Die Geister die ich rief… ( 9+ /400m)
noch früher. Der Aufstieg begann im
Dunkeln, da für den Sonntag Temperaturen bis 36 °C vorausgesagt waren. Zudem stand
noch unsere Heimfahrt an und wir wollten die Route bis zum Wandbuch klettern
klettern. Ohne Gepäck ging es zügiger als am Vortag und als wir die Hälfte des
Zustiegs hinter uns gebracht hatten setzte das Morgenrot ein. Es war schwüler wie am Vortag. Die Wand sah dieses
mahl heller aus und das Gestein war auch besser als am Vortag. Die erste Länge
war schon einmal ein herber Dämpfer am Morgen. Die Wand war steil, der Fells
glatt und unübersichtlich. Sich in diesem Gestein zu beeilen war fast unmöglich
und den Versuch büßte ich mit sehr dicken Unterarmen. So geriet ich in einen mächtigen
Kaltpump dumm gelaufen, aber das lässt sich nicht ändern. Bis zur Crux waren
die Längen ausgesprochen schön und das Gestein fest.
Issy in der vorletzten 8er Länge von Die Geister die ich rief.. |
Leider änderte sich dies
in der Crux. Es wurde feinsplittrig, steil und die Griffe waren vorwiegend
Leisten ohne Tritte. Dazu kam, dass ich tatsächlich einen Bohrhaken übersah.
Ich lief also noch einmal gewaltig zu und tropfte am Haken ab bevor ich
einhängen konnte. Damit wäre auch bewiesen, das Laktat den Geist vernebelt.
Erst nach längerem Ruhen und ausbouldern erblickte ich nebenbei den übersehenen
Bohrhaken in einer Mulde. Ich war aber mittlerweile so dicht, dass ich selbst
die Einzelzüge nicht mehr brachte. Außerdem war der Fels für meinen Begriff zu
splittrig. Wir überlegten hin und her ob wir abseilen sollten, hatten aber
keine Alternative welche wir sonst klettern konnten. Also hieß es weiter
probieren. Nach langem Probieren fand ich eine Variante welche ich klettern
konnte und kehrte zum Stand zurück. Wir entschieden uns für eine Pause von
30-40 Minuten, weil bei mir in diesem Moment nichts mehr ging. Issy konnte in
dieser Zeit in Ruhe die recht kurze Länge ausbouldern. Ich habe mich selten
nach 4 Längen so KO gefühlt, aber es wurde auch durch die Pause nicht besser.
Der Erste Versuch endete am ersten Haken. Wir waren überein gekommen abzuseilen
sollte ich nicht durchsteigen können und so war zumindest der Zeitdruck weg.
Bei einem der nächsten Versuche gelang das unmögliche. Ich kämpfte mich durch
und erreichte irgendwie total gepumpt den Standplatz. Das ganze kam so
unerwartet, dass wir sogar ernsthaft überlegten ob es sich lohnt
weiterzuklettern oder ob die 2h welche wir für diese Seillänge benötigt hatte
bereits das aus für den kompletten Durchstieg war. Wir entschieden uns fürs
Weiterklettern und gaben mächtig Gas.
Da viele Längen kürzer als angegeben
waren schafften wir die nächsten 10 Längen in ca. 3h. Dazu kann ich nur sagen
es hat sich gelohnt weiter zu machen. Die letzten drei 8er Längen waren so
genialer Fels, das man sich fast wie in den Wendenstöcken fühlte. Die Hitze war
dank des schnellen Kletterns (Fahrtwind) auch erträglich und so standen wir
nach dem Abseilen 16 Uhr wieder am Einstieg. Damit haben wir wahrscheinlich die
erste RP-Begehung auf die Route erkämpft denn die Erstbegehung wurde af durchgeführt.
Fazit empfehlenswerte Route. Falls einem das knusprige
Gestein im Mittelteil nicht stört sogar richtig schön.
Issy in der letzten 8er Länge von Die Geister die ich rief.. |
Für uns war das Wochenende noch lange nicht zu Ende und es
ging an den Abstieg. Den Schnaps der Hüttenwirtin konnten wir diesmal begründet
ablehnen und wir fuhren gen Tale. Die 5-6 h Heimreise im Auto waren zwar wie
immer ein ganz schöner Krampf, aber was tut man nicht alles für ein
Kletterwochenende in den Alpen.