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Dienstag, 30. Juli 2013

Zu Gast im Wilden Kaiser



Blick aus dem Kaisertal zum Kleinen Halt (Mitte) rechts im Anschluß liegt der Gamshalt,








Nach längerer Zeit war es mal wieder so weit und es stand ein Wochenende in den Alpen an. Das Timing hätte besser nicht sein können, denn der Wetterbericht sagte 42 Grad für Dresden vorher. Nur die Wahl des Zieles war für mich ungewöhnlich. Nicht nur die Ferien für Süddeutschland ließen uns auf ein naheliegendes Ziele planen. Das nächstgelegene war der Wilde Kaiser welchen man in 5h mit dem Auto erreichen kann. Der Ausgangspunkt war das Hans-Berger-Haus im Kaisertal, da mir diese Seite des Wilden Kaisers noch gänzlich unbekannt war und die Angelegenheit fing schon recht amüsant an.
Als ich einen Tag zuvor auf der Hütte anrief war diese zwar ausgebucht, aber als ich erwähnte das wir Klettern gehen wollten standen uns die Türen der Gastfreundschaft offen. Selten habe ich eine Hütte erlebt bei der Kletterer so beliebt sind. Aber dazu später.
Am Freitag ging es mit Issy und Drahteseln nach Kufstein. Der Anstieg war etwas kräftezehrend und manche beäugten uns skeptisch, weil Fahrräder  nicht gerne gesehen sind im Kaisertal, davon war aber auf der Hütte wenig zu spüren.
Da die Hütte voll ausgebucht war wurden wir freundlicherweise im Lager des Gastsherpas untergebracht. Ein kleines Zimmer welches vorsorglich mit 2 Doppelstockbetten ausgestattet war, wurde für die nächsten 2 Tage unser Zuhause. Wir hatten somit die Möglichkeit uns zeitig schlafen zu legen bzw. Mittagschlaf zu machen ohne gestört zu werden. Dies war für uns ein Luxus den wir sehr zu schätzen wussten. Wir fühlten uns quasi wie Könige im Kaiser.
Für die 1,5 Tage standen die 2 folgenden Routen auf dem Programm.

Schöne Neue Welt (9+/10-  / 200m)
Am ersten Morgen ging es früh los und durch die im Sommer übliche morgendliche Helligkeit waren die Strahlen der Sonne bereits rotglühend an den Felsen zu sehen.
Da ich den Führer nicht sehr aufmerksam gelesen hatte, wunderten wir uns, dass es noch über eine Stunde Fußmarsch von der Hütte war. So stiegen wir  zum oberen Scharlinger Boden auf und wunderten uns, dass es eine Stunde gedauert hat, was nach Aussage der Wirtin schnell war.
Die Wand des Haltplattenschild mit der Route „Schöne neue Welt“ war mit 160 m Höhe eher mickrig gerade vor dem Hintergrund des 600m hohen Gamshalt oder des fast 1000m hohen Kleinen Halt mit seinen großen Plattenfluchten.
Ich in der ersten Länge von Schöne neue Welt
Beim Betrachten der kleinen Wand, wunderte ich mich schon irgendwie warum ich gerade diese Route gewählt hatte und am Nachmittag sprachen uns die Tischgefährten offen darauf an. Ich konnte mich also nicht um die Antwort drücken. So einfach die Antwort auch war so dämlich klang sie auf einmal.
 Ich hatte beim Durchblättern des Führers die 2 schwersten Routen in diesem Teil des Kaisers ausgewählt. Da hatte die Route für heute 7 Seillängen und die für den Sonntag 16. Erst als wir davor standen bemerkte ich das einige Längen gerade mal 20m waren.
Ich behielt meine Enttäuschung für mich und los ging es. Es ging zügig voran, da die ersten Längen noch kürzer als angegeben waren. Wie immer ging es am Morgen sehr ungelenk los und das glatte Gestein des Kaisers war etwas gewöhnungsbedürftig. Wir waren nach 1,5h an dem überwölbten Band welches die Crux darstellte. Die Absicherung war sehr gut und die Züge waren athletisch. Leider waren die Griffe in diesem steilen Wandteil sehr staubig und man musste etwas putzen damit man die Griffe halten konnte. Was dies angeht bin ich von den Wendenstöcken extrem verwöhnt. Die trickreiche Stelle gelang mir zwar im ersten RP-Versuch aber leider war es Issy nicht vergönnt durchzusteigen, denn die Züge waren nicht angenehm für seinen Ellenbogen. Alles in allem fühle sich die Einstufung eher gängig an aber vielleicht kam mir das boulderlastige Klettern zur Zeit entgegen. Die 5. Länge war am Ende nur mal kurz schwern nur die 6. Länge sträubte sich noch etwas. Das Gestein war etwas splittrig und die Kletterei sehr unübersichtlich. Am Ende gelang auch diese im 2. Versuch. Ich hatte insgesamt das Gefühl, dass die Route durch die wenigen Wiederholungen etwas zugekeimt ist. Auch dem Gestein könnte etwas mehr abklettern gut tun. Alles in allem keine Empfehlung um hin zu fahren aber wenn man da ist kann man sie mitnehmen.
Issy in der letzten 9er Länge von Schöne neue Welt
Nach 6 Stunden standen wir wieder am Einstieg und legten uns in den Schatten eines großen Felsblocks am oberen Scharlinger Boden. Es war echt angenehm und durch den Wind im Schatten sogar kühl. Nach der ausgedehnten Mittagspause machten wir uns auf den Abstieg zur Hütte. Zum Glück hatte Issy bereits am Morgen die Idee gehabt, das komplette Kletterzeug unter einem Felsblock zu verstecken. So war der Abstieg fast ohne Gepäck umso angenehmer. Wie bereits angesprochen sind Kletterer am Hans-Berger-Haus sehr willkommen und die Wirtin interessiert sich für jede Route die ihre Gäste geklettert haben. Wir saßen nichtsahnend auf der Terrasse und schwitzten selbst im Schatten. Es dauerte nicht lange, da wurde uns von der Wirtin ein Schnaps ausgegeben und sie gratulierte uns zu unserem Erfolg. Auch der Abend war sehr unterhaltsam und da das Bier nur 3,5€ kostete schlief Issy wie ein Baby. Er hörte nicht einmal, dass abends noch gemütlich vor der Hütte gesungen wurde und war sogar ohne Wecker 4 Uhr wach.

Die Geister die ich rief… ( 9+     /400m)
noch früher. Der Aufstieg begann im Dunkeln, da für den Sonntag Temperaturen bis 36 °C vorausgesagt waren. Zudem stand noch unsere Heimfahrt an und wir wollten die Route bis zum Wandbuch klettern klettern. Ohne Gepäck ging es zügiger als am Vortag und als wir die Hälfte des Zustiegs hinter uns gebracht hatten setzte das Morgenrot ein. Es war  schwüler wie am Vortag. Die Wand sah dieses mahl heller aus und das Gestein war auch besser als am Vortag. Die erste Länge war schon einmal ein herber Dämpfer am Morgen. Die Wand war steil, der Fells glatt und unübersichtlich. Sich in diesem Gestein zu beeilen war fast unmöglich und den Versuch büßte ich mit sehr dicken Unterarmen. So geriet ich in einen mächtigen Kaltpump dumm gelaufen, aber das lässt sich nicht ändern. Bis zur Crux waren die Längen ausgesprochen schön und das Gestein fest. 
Issy in der vorletzten 8er Länge von Die Geister die ich rief..
Leider änderte sich dies in der Crux. Es wurde feinsplittrig, steil und die Griffe waren vorwiegend Leisten ohne Tritte. Dazu kam, dass ich tatsächlich einen Bohrhaken übersah. Ich lief also noch einmal gewaltig zu und tropfte am Haken ab bevor ich einhängen konnte. Damit wäre auch bewiesen, das Laktat den Geist vernebelt. Erst nach längerem Ruhen und ausbouldern erblickte ich nebenbei den übersehenen Bohrhaken in einer Mulde. Ich war aber mittlerweile so dicht, dass ich selbst die Einzelzüge nicht mehr brachte. Außerdem war der Fels für meinen Begriff zu splittrig. Wir überlegten hin und her ob wir abseilen sollten, hatten aber keine Alternative welche wir sonst klettern konnten. Also hieß es weiter probieren. Nach langem Probieren fand ich eine Variante welche ich klettern konnte und kehrte zum Stand zurück. Wir entschieden uns für eine Pause von 30-40 Minuten, weil bei mir in diesem Moment nichts mehr ging. Issy konnte in dieser Zeit in Ruhe die recht kurze Länge ausbouldern. Ich habe mich selten nach 4 Längen so KO gefühlt, aber es wurde auch durch die Pause nicht besser. Der Erste Versuch endete am ersten Haken. Wir waren überein gekommen abzuseilen sollte ich nicht durchsteigen können und so war zumindest der Zeitdruck weg. Bei einem der nächsten Versuche gelang das unmögliche. Ich kämpfte mich durch und erreichte irgendwie total gepumpt den Standplatz. Das ganze kam so unerwartet, dass wir sogar ernsthaft überlegten ob es sich lohnt weiterzuklettern oder ob die 2h welche wir für diese Seillänge benötigt hatte bereits das aus für den kompletten Durchstieg war. Wir entschieden uns fürs Weiterklettern und gaben mächtig Gas. 
Da viele Längen kürzer als angegeben waren schafften wir die nächsten 10 Längen in ca. 3h. Dazu kann ich nur sagen es hat sich gelohnt weiter zu machen. Die letzten drei 8er Längen waren so genialer Fels, das man sich fast wie in den Wendenstöcken fühlte. Die Hitze war dank des schnellen Kletterns (Fahrtwind) auch erträglich und so standen wir nach dem Abseilen 16 Uhr wieder am Einstieg. Damit haben wir wahrscheinlich die erste RP-Begehung auf die Route erkämpft denn die Erstbegehung wurde af durchgeführt.
Fazit empfehlenswerte Route. Falls einem das knusprige Gestein im Mittelteil nicht stört sogar richtig schön.
Issy in der letzten 8er Länge von Die Geister die ich rief..
Für uns war das Wochenende noch lange nicht zu Ende und es ging an den Abstieg. Den Schnaps der Hüttenwirtin konnten wir diesmal begründet ablehnen und wir fuhren gen Tale. Die 5-6 h Heimreise im Auto waren zwar wie immer ein ganz schöner Krampf, aber was tut man nicht alles für ein Kletterwochenende in den Alpen.