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Freitag, 18. Dezember 2015

Klettern in Schweden und Norwegen (Bohuslän, Flatanger, Harbak, Vingsand und Bergflødt)


Viele Jahre bin ich um die halbe Welt gereist zu weit entfernten Orten um beeindruckende Natur und tolle Felsen zu erleben. Ich dachte Europa hat nicht mehr viel beeindruckendere Natur zu bieten als die Alpen oder die Sächsische Schweiz. Doch weit gefehlt ich war noch nie in Skandinavien und Norwegen ist wirklich das Land der Gegensätze und da haben wir noch lange nicht alles gesehen. Auf kürzesten Distanzen liegen Meer und über 1000m hohe Berge zusammen. Nich das die Fjorde und die unzählige Wasserfälle die auf die Fjorde herabstürzen schon beeindruckend genung sind, tummeln sich auch noch gigantische Kreuzfahrtschiffe über 100km vom offenen Meer entfernt zwischen den Bergen. Ja Norwegen ist echt toll sowohl als Tourist als auch aus der Sicht von jeanden der lebende Geschichte in Museen mag. Sowohl Oslo mit dem Fram-, Wikingerschiff- und Kon Tiki-Museeum als auch Lillehammer mit Maihaugen als belebtes Häusermuseum. Das alles ist schon recht viel für ein Land mit etwas mehr als 5 Millionen Einwohner aber gibt es auch tolle Felsen zum Klettern? Die Antwort ist ein klares und deutliches ja. Es gibt wenige große und viele kleinere Gebiete welche fast alle Granitkletterei sind. Dazu sollte gesagt werden das nach südfranzösischen Verhältnissen mit Bohrhaken gespickte Routen eher eine Seltenheit sind. Deshalb findet man immer wieder Trad-Routen gemischt mit Sportkletterouten nebeneinander in friedlicher Koexistenz. Da wir leider nicht alle Gebiete besuchen konnten und dies Familienurlaub war blieben die bekannten Klettergebiete für Mehrseillängen außen vor. Trotzdem müssen die Lofoten, Rogaland und Setestal genannt werden und auf einen späteren Besuch warten denn dieses mal waren 5 ander Gebiete dran.

Bohuslän (Schweden,Trad, etwas Sportklettern, etwas Bouldern)
Hallinden der Tollste Sektor in Bohuslän mit Routen bis 60m


Wer nach Norwegen fährt kommt meist durch Schweden gefahren. Da bietet es sich an in Schwedens größten Riß- und Trad-Klettergebiet eine Zwischenhalt einzulegen. Dies ist auch gleich der richtige Ort sich an das skandinavische Bewertungssystem zu gewöhnen welche anfänglich wie UIAA-Grade aussehen. Der Unterschied wird einem in Bohuslän sehr schnell deutlich ( Skand 7+ entspricht Franz 7a, Skand 8 entspricht Franz 7b+ und Skand 9- entspricht Franz 8a) Dabei kommt erschwerend dazu, das im Führer das von mir zur Verdeutlichung verwendete Kürzel "Skand" nicht existiert und das in Bohuslän bei allen Routen tiefgestapelt wird. Obwohl alle Grade Rotpunkt Einstufungen sind sagt man unter der Hand, dass es heißen soll die Einstufung ist die Bewertung der schwersten Einzelzüge. Das man bei Tradrouten auch schnell in gefährliche Situationen kommen kann und das Klettern im Top Rope in Bohuslän bei schweren Routen der am meisten verbreiteste Kletterstiel ist sollte man jede Route vorher genau einschätzen ob sie für ein on sight geeignet ist. Ich hoffe das dies als Warnung reicht. Bei den meisten leichten und viel begangenen Routen ist diese Warnung allerdings überflüssig. Es ist sehr zu empfehlen zwei 6m Seilstücke im Rucksack zu haben den bei sehr vielen Routen dient lediglich ein Baum oder Felsblock als Umlenker. So nun endlich mehr zum Klettern. Bohuslän ist genau das richtige Gebiet wo man Meer, Familie und Tradklettern miteinander vereinen kann. Die Wände sind zwar im Durchschnitt nur 20m - 25m hoch aber es gibt ein paar Ausnahmen mit bis zu 40m-60m. Genau diese Ausnahmen haben es mir besonders angetan. Das ist zum einen mein absoluter Favourit Hallinden, weil es eine geniale Rißlinie nach der andern gibt. Hier kann man schwere Risse on sight klettern ohne sich ernsthaf zu verletzen. Es klingt zwar etwas erbärmlich aber ich bin auf meine 4 Skand 8er im on sight stolzer als auf die 3 Sportkletter 8a's in Flatanger. Dies liegt sicherlich nicht nur am selber absichern sondern an den bereits erwähnten harten Einstufungen.


Ob beim Klettern, Angeln oder Baden mit Familie, das Meer ist nie weit weg.

Sektor Vrångarö in der Route Thriller, Steil, 40m lang und direkt am Meer.


Goa Brunetter in Hallinden, hier erfuhr ich zum ersten mal wie hart die Einstufung hier wirklich sein kann.


Thorster am Ausstieg des Sektors Vrångarö. Innerhalb von 12h incl. Fährzeit von Berlin in eine andere Welt

Tiega för Guld im Sektor Ulorna

Und ich Dachte Verschneidungen liegen mir aber in Ibes Book aka Superdiedre im Sektor Ulorna erfuhr ich das Gegenteil. Beim ersten mal hochklettern fühlte ich mich wie mit Rollschuhen auf der Reibung.
Fazit: Tolles Tradgebiet mit Abenteuercharakter, aber nichts zum Nummern abhaken.

Nach vielen Jahren ist seit Sommer 2015 endlich der lang erwartete Führer "Klättring i Bohuslän" erhältlich. Er beschreibt ca. 1500 Routen an 100 verschiedenen Wänden.
  Flatanger (Sportklettern + Trad )

Gleich hinter der Scheune beginnt der Zeltplatz und dahinter gibt es reihenweise liegende und leichte  Routen.


Wo soll ich anfangen, mir fehlen einfach die Worte diese gigantische, vielleicht weltweit größte Granitgrotte zu beschreiben. Die Grotte an sich ist so groß, dass keine der bis zu 60m langen Routen es schaft aus ihr herraus zu Klettern. Hier begegnen sich gleich mehrere Superlative. Nicht das es in dieser Grotte bereits die schwerste Route der Welt gibt, es heißt auch, das es noch ein 9c Projekt und etliche 9er Routen gibt. Zum Glück muß man nicht den französischen 9ten Grad Klettern um hier Freude zu finden. Es gibt einige 6er, viele 7er und etliche 8er und es ist auch nicht alles so furchtbar steil wie man es bei solch einer Grotte vermuten würde. Der Fels ist einfach genial und so läd der saubere, gut struckturierte, rauhe Granit einfach nur zum Klettern ein. Einzig die guten Strukturen ermöglichen es in diesem riesen Dach zu Klettern. Was man auch nicht vergessen sollte mitzubringen sind Kniepads für die vielen Knieklemmer welche nötig sind um sich für teilweise 200 Züge im Dach festzuhalten. Ja es gibt hier fast alles was man sich wünscht. Eine tollen Zeltplatz mit einem netten Besitzer und das fischreiche Meer keine 5 Minuten entfernt. Das einzige was zu einem Paradies noch feht ist ein Sandstrand. Ja und vielleicht noch eine Kinderfreundliche Grotte aka Santa Lina, denn für kletternde Eltern die ihre Kindern mit in die Hanshallarengrotte nehmen wollen ist sie leider nicht geeignet, denn es liegen überall scharfe Felsblöcke herum. Ja wir hatten einen tollen Sommerurlaub auch wenn das Wetter eher Frühlingshaft war. Aber im Frühling genießt man weningstens die Sonne richtig, dass ist zu Hause bei über 30 Grad schon schwerer. Es gelang mir nicht nur eine Verlängerung von "Massih Attack" ( Massiv Attack 8b/8b+) von unten Erstzubegehen und die schwerste Tradroute in der Grotte " Romsdoling pa tur" 7c+ o.s. zu Klettern. Nur bei "Nordic Plumber" 8c bin ich leider nach über 200 Zügen beim letzten schweren Zug gescheitert. Naja, da muss ich wohl noch mal wieder kommen


Bevor ich es vergesse, die Angel sollte man auf jeden Fall mitnehmen den einfacher und günstiger kommt man nirgends zu einem Abendessen.

Das ist die Hanshallarengrotte und wahrscheinlich die größte Granitgrotte der Welt. Wer hier Erstbegehungen macht braucht nicht erst zu bürsten. Nach erfahrungen anderer sind jedoch andere Grotten in der Gegend eher von schlechter Felsqualität.


Der linke Teil der Hanshalarengrotte ist weniger überhängend und fast jede Route ist genialste Granitkletterei mit genialen Strukturen..
Der Klassiker Nordic Flower 8b+ in der Grotte klettert nur einen kleinen Teil des gigantischen Dachs und auch die 8c Verlängerung ist 80m lang und geht noch lange nicht bis zum Ende der Grotte


Logistik:
Man braucht vor Ort kein Auto, es klappt gut mit dem Flug nach Trondheim (Norwegian Airlines) und danach gibts für ca 30-40 Euro einen Bus. Wichtig ist, das man so zeitig wie möglich in Trondheim ankommt ( bzw. so spät wie möglich wieder abfliegt), denn auf dem letzten Stück (45 km) gibt es kein Bus. Dafür aber ein staatlich subventioniertes Taxi. Dies fährt aber nicht mehr Abends oder noch nicht früh zeitig. Am besten Olav, den netten Besitzer des Zeltplatzes kontaktieren der hilft gerne bei der bestellung des Taxis, den die Internetseiten dazu sind nur in Norwegisch.
Das Aktuellste Topo liegt auf dem Zeltplatz aus und wird regelmäßug ergänzt. Zudem ist ein aktuelles Topo in
"Climb Norway" enthalten.
Da es noch keine Internetseite gibt hier eine Infomöglichkeit via Facebook.
http://www.google.de/url?q=https://m.facebook.com/ClimbFlatanger%3Frefsrc%3Dhttps%253A%252F%252Fwww.facebook.com%252FClimbFlatanger&sa=U&ved=0CAsQFjAAahUKEwjI7ff6tNrHAhWE1hoKHbxjDRw&usg=AFQjCNE2skhhjDPV8-SalA9AZKGOSyy0yA


Harbak (Bouldern + Trad)

Örtlich deutlich konzentrierter als Vingsand ist Harbak (gleichfalls Name des gleichnamigen Ortes und leicht via Google Maps zu finden) das wohl bekannteste Bouldergebiet Norwegens. Von Dachproblemen bis hin zu tollen überhängen gibt es von allem ein wenig. Das Ambiente ist wie immer toll, nur das manche Blöcke im Sumpf stehen ist etwas schade.
Die meisten boulder befinden sich 300m vor dem Ortseingang Harbak auf der rechten Seite unterhalb eines Felsüberhangs ( Hulla) in dem auch bei Regen gebouldert werden kann. Es gibt einen kleinen Boulderführer welcher leider vergriffen ist. Am Wochenende trifft man aber vielleicht mal einen Local.
Im Umkreis von 30 min zu Fuß gibt es auch etliche Tradroute welche im Führer für die Umgebung von Trondheim "Trønder Rock" beschrieben sind.


Man ist gefühlt am Ende der Welt aber nach 10 min laufen gibt es ein paar erlesene Boulder.

Täglich kommt die Hurtigrouten auf der gleichnamigen Route vorbeigefahren und läßt selbst hier alles klein aussehen.





Wenn es nicht gerade zu sumpfig ist haben selbst die ganz kleinen hier was zum Spielen.



















Vingsand ( Bouldern)
Bouldern ist ja im Sommer nicht so meine Lieblingssportart aber in dem Ambiente ist es echt schön auf dem Crashpad zu sitzen und die Landschaft auf sich wirken zu lassen. Der Vorteil von Vingsand jedoch ist, das es hier etliche Boulder gibt, welche mehr als 10 Züge haben ohne das man extrem hoch überm Boden ist. Auch die Felsstrukturen sind wirklich toll nur sehr viele Probleme gibt es nicht und weit versteut sind diese zudem noch. Was jedoch beim Suchen schön ist, man läuft durch eine schöne Heidelandschaft und ab Juli findet man zum Teil riesige schmackhafte Rotkappen.
Wie alle der hier genannten Gebiete ist man nie weit vom Meer entfernt und kann Abends noch schnell das Abendessen aus dem Meer angeln. Das einzige Manko von Vingsand ist das es keine Topos oder Zustieginformationen gibt. Dadurch rennt jeder etwas orientierungslos durch das Gebiet und sieht nur die Hälfte der Probleme. Eigentlich schade, deshalb habe ich mal zwei Skizzen der beiden Gebiete von Vingsand gemacht und in den Blog gestellt. Sie sollen nur eine Orientierungshilfe geben gleichfalls die Schwierigkeitseinstufung welche ich teils gehört und teils geschätzt habe.
Den Ort Vingsand findet man leicht mit Hilfe von Google Maps und es gibt grob zwei Sektoren. Den Sektor Harbour der wie der Name vermuten lässt in der Nähe des Hafen liegt und der Sektor Black Diamond, welcher 5-10 Autominuten von Hafen entfernt auf der anderen SeitendesnFjordes liegt. Also vielleicht hilft es ja jemanden. 


Die meisten Probleme wie hier die kleine Grotte (am 2.Hügel vom Sektor Harbor) sind regensicher und einfacher zu finden als die nahegelegene "Long Wall" welche man erst sieht wenn man 3m davor steht.

Idyllisches Parken am Sektor Harbor wo man auch wieder das Abendessen aus dem Meer holen kann.

Vingsand map sector Harbor

Vingsand map sector Black Diamond

Wir wird der Dorsch noch Traditionell an der Luft getrocknet und dient im Winter als Hundefutter.





Bergflødt ( Sportklettern und wenig Tradklettern)
Die 40m hohe östlich, ausgerichtete Wand ist ca. 40 km von Oslo entfernt und ein echtes Juwel. Der Granit ist rot, rauh, von Risspuren durchsetzt und hängt nut 1-2m über. Dennoch bietet es ausgezeichnette Hangelriß- und extrem technische Wandkletterei die aus Trittmangel die sehr pumpig ist. Die meisten Routen liegen im Schwierigkeitsbereich Franz 7c und schwerer. Dazu kommt, dass die Einstufungen wirklich so knallhart sind, dass man die Routen selbst im Yosemite nicht abwerten müßte. Die harte Bewertung ist scheinbar in Skandinavien üblich ( mit Ausnahme Flatanger natürlich) Leider ist die Wand nicht im Auswahlführer "Climb Norway" enthalten.
Eine unscheinbare Wand, aber tolle senkrechte bzw leicht überhängende Kletterei


Alle hier erwähnten Kletterführer sind in der Bibliothek des Sächsischen Bergsteigerbundes in Dresden auszuleihen.