Im Tal gibt es keine Elektrizität weshalb alles noch sehr ursprünglich ist. |
Es ist Mitte September und es sind in Dresden über 30°C. Das
allein ist schon ungewöhnlich, aber die Großwetterlage über ganz Europa sieht
so aus. Die Nullgradgrenze in den Alpen liegt über 4000 m und das ganze schon
seit über einer Woche. Damit ich mit Thomas auch mal wieder ein Wochenende in
die größeren Wände komme, haben wir uns Mitte September ein 3 Tage Wochenende
freigeschaufelt und bei dem Wetterbericht kann ich mich vor Kletterzielen kaum
retten.
Eine alte Kletterweisheit lautet: Wer zeitig (abends) plant,
plant doppelt erfüllte sich vollends. Genau zum Beginn unseres Wochenendes
bricht das hoch zusammen und die Alpen versinken in Sintflutartigen
Niederschlägen. Da bleibt mal wieder nur das schöne Tessin als Ausweg doch auch
dort ist das Wetter eher durchwachsen angesagt, das heißt im Klartext
mindestens ein ganzer Tag Regen und der Rest so naja. Doch so schnell lassen
wir uns nicht entmutigen und fuhren trotzdem los und fuhren mal wieder in märchenhafte
Valle Bavona im Tessin und es sollte in der Tat eine Zeitreise der besonderen
Art werden.
Der Waserfall in Froglio |
Della Funvia 7b/7b+
Wie der Wetterbericht und prophezeit hatte regnete es am
ersten Tag aber unser Ziel war eine neuere Route am Ende des Tales wo die
ersten 7 Seillängen so steil sind, dass man sich keine Sorgen machen muss was
für ein wetter herrscht. Der Niederschlag der letzten Nacht lief noch
stundenlang am Fels herunter, aber wir konnten die ersten Längen Problemlos
klettern. Das Gestein war zwar durch den Wassermangel etwas staubig und die
Erstbegeher konnten den echt tollen Standplatzbändern nicht wiederstehen und so
waren die längen recht kurz. Alles in allem eine schöne Sache auch wenn wir nur
die halbe Route geklettert haben. Wir fanden die Längen im unteren Bereich
leichter als eingestuft aber das tut der Route nicht weh. Da ab der 8. Sl
Duschen angesagt war versuchten wir unser Glück mit dem überhängendem Abseilen
direkt zum Boden. mit 2 x 70m Seilen reicht es gemütlich mit einem 60 m Seil
und einem 70m Seil muss man ein bisschen tricksen. Schönes Erlebnis mit nur 10
Min Zustieg. Ein Lob an die Erstbegeher.
6. SL Della Funivia |
7. SL Della Funivia |
Nel Dubbio
Sali 8a, 180m (7a+ obl)
Der Wetterbericht und unsere Wetterfee aus Dresden behielten
recht und der Samstag war der schönste Tag von allen. Das war auch gut so, denn
für diesen Tag hatten wir nicht nur einen fast 3 stündigen Zustieg vor uns
sondern eine wahre Zeitreise. Wir stiegen in Valle di Foioi auf den Spuren der
Transhumanz (der Stufenwirtschaft) welch vor über hundert Jahren dafür sorgte
das die höheren Regionen in den Tälern von Tieren abgegrast werden konnten denn
Futterplätze waren in den engen Tälern knapp. Von diesen längst vergangenen
Zeiten zeugen immer noch die Natursteintreppen die weit in die Berge
hinaufreichen und die Häuser die man nach mehrstündigem Fußmarsch im dichten Esskastanienwald
findet. Der Zustieg war anstrengend aber wunderschön. Immer wieder waren wir
erstaunt auf Stufen zu treffen selbst da wo wir dachten, dass dieser Weg nur
von den ERstbegehern begangen wurde. Leider verpassten wir nach einer
Natursteinmauer links den Hang hoch zu steigen und folgten einem falschen
Steinmann zu einem weiteren Haus.
Tolle Natursteintreppen. |
Endliche sehen wir die Wand |
100m nach dieser Maer geht es links den Hnk im Gras hoch. Der Weg ist schwer zu sehen wird aber bald besser. |
So stiegen wir über glitschige
Reibungsplatten und feuchtes Gras um nach über 3h endlich am Einstieg der Wand
zu stehen. Diese war nicht so steil wie erwartet aber die Felsqualität war
ausgezeichnet. Nach einer leichten länge folgte die erste Crux der Route. Eine
tolle technische platte mit Leisten und Untergriffen vom feinsten. Zum Abschluss
kam ein Daumenstützmantler wo ich gerade so am Zielgriff ankam. Na das würde im
Durchstieg echt spannend werden. während ich mich ausruhte war Thomas an der
Reihe und er stieg tatsächlich auf Anhieb durch. Als ich an der Reihe war wurde
es trotz der guten Schuhe echt knapp denn die kleinen Leisten forderten ihren
Tribut von meinen Unterarmen. Um so mehr war ich von Thomas seinem flash
beeindruck. Es wurde auch nicht wirklich leichter und selbst in der Rechtsvariante
warteten immer wieder sehr weite Züge auf mich und es folgte eine geniale
Stützverschneidung die für 7a sehr garstig bewertet war. Als ich wieder an der
Reihe war gab es noch einmal eine 7c Hangelrippe, welche mit einem Schmakerl
des Nervenkitzels aufwartete. Das Seil verhing sich entweder nach dem ersten
Haken im Riß oder lief über eine Messerscharfe Kante. Da macht Klettern echt
keinen Spaß mehr und die unsicheren Hangelzüge werden echt zum K(r)ampf. Nach
viel zu kurzer Pause stieg ich durch und Thomas konnte wieder im ersten versuch
punkten strengte sich aber gewaltig dafür an. Die nächsten 2 Längen waren
schmutzig und die letzte durchaus etwas gesucht. Zufrieden aber ziemlich müde
stiegen wir wieder ins Tal ab und waren zur Dämmerung wieder am Auto. Da wir
auch in der Dämmerung aufgebrochen waren hatten wir den Tag optimal genutzt und
die Nudeln schmeckten besonders gut.
Samt unserem hängenden Imbiss gehts Talwärts |
Vai col Blues
7c+, 260m (6b obl)
Der Monte Eus ist im Verzasca und damit bereits eine Stunde näher
an zu Haus. Das Gestein ist weiterhin Gneis, aber die Strukturen sind sehr
abwechslungsreich. von Felsadern über Löcher, Überhänge und Reibungsplatten
gibt es alles. Wir hatten zwar eine Andere Route geplant aber leider verpassten
wir im Zustieg einen Abzweig und verloren so 1,5h. Ja es war ein richtiges
Wanderwochenende aber auch ich komme in die Jahre. Das war auch der Grund für
die leichteste Route an der Wand die entweder in der 2. Länge 1 mal A0 geklettert
wird oder die einen Plattenboulder mit 7a+ bloc auffährt. Selten stand ich
sowohl in der Armspanne als auch mit beiden Füßen so weit ausgespreizt da, dass
ich beim Versuch diesen Zug aufzulösen 5 oder 6 mal chancenlos abtropfte. Nach
einer längeren Pause hatte Thomas wieder mal kurzen Prozess mit der Stelle gemacht
düsten wir die nächsten 220 Klettermeter im Sauseschritt nach oben. Das Wetter
hielt erstaunlicherweise und die paar Regentropfen die aus dem Himmel fielen störten
uns nicht. Gegen 4 Uhr traten wir die Heimfahrt an und waren sehr erfreut trotz
schlechten Wetterbericht alle 3 Tage etwas geklettert zu haben.
Man merkte das das Laub bereits von den Bäumen viel und
somit der Herbst als schönste Jahreszeit des Jahres vor der Tür steht.
Hoffentlich gibt es noch mal richtig schönes Herbstwetter.
Echt lecker das Wasser in der Schweiz |