Das Ziel der Enchainments, hier mit der Route Nr. 3. Foto Reike Rassbach |
Was kann man
machen, dass es einem im heimischen Klettergebiet
nicht langweilig wird?
Nach fast 40
Jahren Klettern im heimischen Sandstein hat man fast alles schon gesehen und
vieles bereits geklettert. Auch hatte
ich dieses Jahr mit 25 Jahre XIa sogar ein rundes Jubiläum. Doch was könnte man noch machen was
eine schaffbare Herausforderung darstellt. Schaffbar deshalb, weil die
Morphologie des Sandsteines und meine beschränkte Kraft verhindern, dass ich
bestimmte Routen klettern kann . Auch ist das extrem schwere Klettern in der
warmen Jahreszeit in etwa so attraktiv wie eine Reibung mit Rollschuhen
klettern. Mann kann es vielleicht machen,
aber die Freude hält sich in Grenzen und viele Versuche hat man wegen der begrenzten
Haut auch nicht.
Da fiel mir eine alte Wette wieder ein. Es wurde gewettet das es nicht möglich ist 10
Routen im 10ten Grad an einem Tag durchzusteigen. Also mindestens Zehn RP 10a's
Eine
Spannende Idee und in anderen Klettergebieten ist das Zusammenhängen oder Enchainment von schweren Routen auch schon längst normal.
Wer hat nicht schon von dem Klassiker im Yosemité gehört - Half Dome und El
Capitan an einem Tag zu klettern. Das Thema hat sogar Geschichte. Bereits 1988 hat sich Thomas Bubendorfer mit seinem "5-Wände- Enchainment" in
den Alpen so ein Ziel gesetzt. Nur dass er sich mit dem Hubschrauber vom
Ausstieg des einen zum Einstieg des nächsten Weges fliegen lassen hat ist nicht mehr ganz
zeitgemäss.
Ortswahl
Das Ziel war
gesetzt ,wenn auch vielleicht etwas zahlenaffin, nur ein geeigneter Ort fehlte
noch. Im Zschand gab es viele 10er aber die waren zu weit auseinander. Die Affensteine
sind sehr hautintensiv und auch weit verstreut. Am Teichstein habe ich mal sechs
10er an einem Tag durchgestiegen weil die Kletterhallen aber dabei waren 2 10c und
das geht arg in die Kraft und die Haut. Zudem mangelt es in unmittelbarer nähen
an weiteren Zehnerrouten. Brand und Pfaffenstein scheiden wegen der warmen Temperaturen aus also blieb nur noch
Rathen und dort haben Lok und Honigstein mit NO sogar die richtige Ausrichtung
Das
eigentliche Problem
Klettern in
Sachsen ist nicht einfach nur Klettern es ist mehr eine Symbiose aus mehreren
Bedingungen die ich in einem Post mal scherzhaft zusammengefasst hatte (Link).
Ich beschränke mich hier auf 3 wesentliche. Kopf, Haut und Kraft. Wenn der Kopf
nicht mitspielt sorgt die Angst dafür, dass man die Griffe sinnlos zuballert und
die Haut und Krafft finden ein schnelles Ende. Gleiches passiert wenn man zu
lange nach den Griffen sucht oder es zu warm ist. Am besten kennt man die Wege
gut genug damit dies minimiert wird. Wer schon mal in Sachsen schwere Routen RP-Klettern
bzw. durchsteigen wollte hat sicherlich bemerkt, dass im Gegensatz zum
AF-Klettern winzige Details und vor allen
die richtige Fußposition über Erfolg & Misserfolg entscheiden. Es sind also
extrem viele Informationen die man erst beim Ausbouldern sammeln und die man
sich genau einprägen muss. Manche Leute haben schon Probleme sich eine Route zu
merken um diese 1h später durchzusteigen hier waren es gleich 10 Wege. Zudem
lag einige Zeit zwischen den Routen.
Vorbereitung:
Ein
Probeversuch startete am Wochenende vor Himmelfahrt. Freitag nach Feierabend
fuhr ich zum Honigstein und schaute mir
alleine aus dem Abseilsitz und mit der Microtraxion die Einzelstellen von vier
Xer-Routen an. Zum Teil dauerte das Ausboulder einer Einzelstelle über eine
Stunde aber es nützt ja nichts wenn man die Einzelstelle nur irgendwie gemacht
hat und hinterher nicht genau weiß wie. Am
Folgetag boulderte ich weitere 2 Routen
aus und stieg alle 6 durch. Leider
verhinderte der nachmittägliche Regen ein weiteres Klettern. Dafür kam
ich an diesem Tag zumindest zu einigen Fotos. Auch merkte ich, dass es besser ist alle Wege so gut zu kennen
damit ich "nur noch" Hochklettern muss. Auch das Ausbouldern am
Vortag war nicht sehr clever denn die Haut regeneriert sich nicht so schnell.
Leider schien sich das Zeitfenster für dieses Enchainment wieder zu schließen,
denn die langen Wochenenden waren bereits für die Alpen verplant. Lediglich in
3 Wochen würde eine letzte Möglichkeit bestehen dieses Projekt zu beenden.
Danach würde es zu warm werden, oder die Zeit fehlte wegen des Sommerurlaubes. Auch
unter der Woche Klettern schied arbeitstechnisch bei mir aus.
Je geringer
die Erfolgswahrscheinlichkeit, umso größer die Motivation. Bei mir zumindest. Also
wurden Pläne gemacht für eins der anstrengenderen Sandsteinwochenenden des
Jahres.
Am Freitag
den 02. Juni ging es Mittags wieder alleine zur Lok und zum Honigstein. Ich hatte
mir vorgenommen alle Xer Routen an Lok, Lamm und Honigstein auszubouldern die
im Kletterführer oder der Datenbank mit mindestens RP 10a eingestuft sind. Also
blieben jetzt noch 9 offen. So hatte ich notfalls ein paar Routen die ich
weglassen konnte. Ich hatte diese Routen alle schon mal geklettert aber bei den
meisten ist es über 20 Jahre her. Zudem war mit "Todesbeginn" auch
eine !-Route mit schlechter Absicherung dabei. Bis zum dunkel werden schaffte
ich es tatsächlich mir alle 9 Routen anzuschauen und zu putzen. Wobei bei den letzten beiden die Kraft schon weg war
und es keinen Spaß mehr machte. Für die 6 Routen die ich vor 3 Wochen bereits
geklettert war blieb mir keine Zeit mehr diese noch mal anzuschauen. Am Samstag
war ich total im Eimer uns es schmerzten die Finger und die Füße. Zudem
geisterten die Einzelzüge der Routen in
meinem Kopf herum. Auch bei der beste Reihenfolge war ich mir noch unsicher.
Ich war aufgeregt und hatte auch meine Zweifel
ob ich am Sonntag bereits ausreichend erholt sein würde. All das kenne ich von
schweren Mehrseillängenrouten wo alles an einem Tag passen muss um erfolgreich
zu sein aber im Elbi hatte ich das so noch nicht. Das zeitige zu Bett gehen
hatte nur zur Folge, dass sich das Karussell im Kopf weiterdrehte. Die
Aufregung kennen ich auch vor dem Durchstieg von großen Wänden
Jetzt geht
es endlich los
Am Sonntag
den 4. Juni war es endlich so weit es war wie zur guten alten Prüfungszeit. In
mir kehrte die Ruhe ein denn jetzt kann ich nichts mehr ändern. Der Plan war, das
ich 1,5h vor Thomas an der Lok bin und
mich allein bereits warmklettern würde. Somit wurden die 9h wo ich einen
Kletterpartner hatte besser für die 10er genutzt werden. Leider verspätete sich
Thomas 1h , weil sein Auto streikte. Das war halb so wild, denn es waren noch
fast alle Routen in der Sonne. Zudem war Julian auch an der Lok und konnte mich
beim ersten Weg mal kurz sichern. Ich entschied spontan die Routen an Lok und
Lamm einfach von rechts nach links zu klettern und so ging es los.
Michael Meyer klettert Traumtänzer an der Lok. An der Stelle steckt jetz leider ein nR der neuen Nachbaroute Lo(c)kdown. |
1.
Traumtänzer RP10a
2. Dir. Lockführer RP 10a
3. Tender RP
10a
4. Signal RP
10b
Soweit so
gut, aber der Kopf ist gerade nicht so entspannt wie er sein sollte. Ich
klettere eher auf Nummer sicher, das geht auf die Kraft und die Haut. Zudem ist
es recht warm und bei Nr. 2 und Nr. 4
besteht bei einem Sturz in der Crux die Gefahr auf einem Band oder Absatz zu
landen. Deshalb habe ich mich bereits leider stärker als nötig festgehalten. Es
folgt mit "Todesbeginn" ein moralischer Sandkasten mit einem Boulder und
Längenzug.
5. ! Todesbeginn 10a
6. Milder
Winter RP 10a
7. Fischnetz
RP 10a
8. Tabu RP
10a
Ja die Wege
am Lamm sind nicht so sehr beeindruckend aber die wollen auch mal geklettert
werden. Weiter geht es am Honigstein wo es bei "MFG" die ersten Stürze
in den ersten Ring gab das kostet Kraft und Haut. Also wieder von unten
starten. Echt schwer die Route und meiner Meinung nach eher RP 10b. Da
viele Ringe zu hoch stecken strengt auch das reinhängen der Exen sehr an. Der
Weg kostete so viel Kragt und Haut das
war gar nicht gut. Besonders auf den flachen Griffen unten hatte ich wenig Spaß
bei der Wärme mit der dünnen Haut
Irgendwie rutschen die Griffe heute so stark... |
... das man sie kaum halten kann. Also MFG und wieder von vorne beginnen. (beide Fotos Steffen Schröter) |
9. MFG RP10b
Eigentlich
sollte die Nr. 10 "Cerebrum" werden aber nach 2 Fehlversuchen lief
mir die Zeit davon und die Kraft wurde auch nicht besser also leider ohne diese
Route. Weiter ging es mit "Ein Stück Glückseligkeit" und das passt ja
eigentlich auch recht gut, weil es die zehnte Route im 10ten Grad war. Zum Glück hatte ich im Anschluss eine längere
Pause weil Thomas seine Route RP-versuchte.
10. Ein
Stück Glückseligkeit 10a RP 10b
Thomas Hering in Ein Stück Glückseligkeit unten kräftig... . Foto Reike Rassbach |
Ich wäre
aber nicht ich selbst wenn ich mich damit zufrieden geben würde. Spätestens
wenn ich wieder erholt bin würde ich mich sicher ärgern warum ich die anderen Wege
nicht auch noch probiert hatte. Also ging es weiter auch wenn die Arme langsam ein zügiges Fortbewegen zwischen
den Schüttlern forderten.
11. Power on
the Edge RP 10a
12. Still on
the Edge RP 10a
13.
Nimmersatt RP 10a
14.
Fliegender Teppich RP 10a
Power on the Edge, wer so weit kommt hats fast geschafft. Foto Jens Lauke |
Nimmersatt in Nimmersatt. Leider haben unvorsichtige Kletterer im oberen Teil viele gute Griffe abgebrochen. Foto Reike Rassbach |
Beim letzten
weg hätte es beinahe noch einmal einen fliegenden Wolf gegeben, denn beim
einhängen des 4. Ringes gingen mir langsam die Hände auf. Beherztes nachgreifen
und schnelles weiterschnappen an das 2-Fingerloch habe den Durchstieg gerade noch
gerettet.
Nach ca. 350
Klettermetern und 9h hatte ich es geschafft. Zudem verzichtete ich diesmal ausnahmsweise
auf die Abwärmroute. Danke an Thomas für die Geduld mit mir.
Die hier
beschriebene Problem kann man natürlich
in jedem beliebigen Grad, Klassikern, berühmten Rissen oder zum Beispiel von
Meisterwegen machen.
Was zählt ist
ein Ziel auf welches man hinarbeitet, die Vorbereitung und die Freude bei der
Sache, vielleicht auch erst wenn es vorbei
ist.
Hauptsache man
kehrt dem heimischen Gebirge nicht aus
Verdruss den Rücken denn dafür ist unser Elbi einfach zu schön.
p.s. Es war
ein echt anstrengendes Wochenende, denn mit dem Ausbouldern am Freitag kam ich rein
theoretisch auf Dreiundzwanzig 10er .
Das werde ich so schnell nicht noch mal machen.