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Samstag, 27. Oktober 2012

Abschied von den Alpen



(Die Wendenstöcke. Foto Tobias Wolf)

Noch bevor das Jahr zu Ende geht mussten wir von den Alpen Abschied nehmen. Nicht nur weil die Tage unangenehm kurz werden sondern weil es kalt wird und der Schnee unsere Traumziele bedeckt. Dafür kommt ein neuer Winter wo man Motivation tanken und in der Kletterhalle die Fitness etwas aufbessern kann. Mein Hoffnung es dieses Jahr noch einmal in die Wendenstöcke zu schaffen löste sich in Luft auf als ich über den 3.Oktober zusammen mit Thomas Hering noch einmal ein verlängertes Wochenende in den Alpen verbrachte. Das Wetter war durchwachsen ja eigentlich schlecht und so konnte ich mit Thomas Hering nicht dort weitermachen, wo ich mit Issy aufgehört hatte. Es war uns im Frühsommer gelungen im Sektor Mähren den unteren Teil von „Infinite Gest“ zu durchsteigen, um oben auf dem Band festzustellen, das der obere Teil der Route komplett inmitten eines Wasserstreifens lag.


 Also suchten wir nach Alternativen und kletterten schließlich „Excalibur“ im Sprühregen und bei Nebel. Am Tag darauf war uns das Wetter glücklicherweise hold und uns gelang eine onsight-Begehung von „Ben Hur“
Hier noch ein paar Impressionen von unseren Begehung. Ein Foto von Issy‘s 15m Sturz in „Infinite Gest“ ist leider nicht dabei aber das ist eine andere Geschichte.


(Issy in der 3.Sl und Crux (7c/7c+) von Ben Hur. Foto: Tobias Wolf)
(Issy in der 2. Sl von Ben Hur Foto: Tobias Wolf)




(Unser Haustier im Biwak Foto: Tobias Wolf)



Ja bei den Wenden komme ich immer ins Schwärmen also zurück zum Thema.
(Paretone d'Osogna bei Bellinzona)
Da das Wetter nicht gut aussah, gingen wir auf Nummer sicher und fuhren ins Tessin. Der Wetterbericht hatte nur Sonne gemeldet und wir waren voller Tatendran. Nur das mit den kurzen Tagen war auch im Tessin ein Problem aber da musste man halt zeitig Aufstehen und im Dunklen Frühstücken.
 


So war das Ziel erneut das Tessin und diesmal war Paretone d’Osogno das Ziel. Wir hatte Essen für 3 Tage dabei. Um den Tag auch noch zum Klettern zu nutzen ging es noch im Dunklen vom Auto los. Da wir uns etwas verirrten dauerte der Zustieg 3h ( 2,5h ist eine realistische Zeit mit Gepäck) obwohl in den Beschreibungen von 1h 50min die Rede ist. Gegen 10Uhr stiegen wir in die Route unserer Wahl ein und Thomas machte den Anfang. Mit 7 Seillängen war „Giglio di fuoco“ nicht so lang das wir uns Sorgen machen mussten und selbst die Tatsache das es bereits 19:00 Uhr stockfinster ist wäre bei einer leichteren Route weniger das Problem. Doch diese Route war nicht leich. Dazu hatte sie laut Topo eine Seillänge die noch nicht frei geklettert wurde und bisher mit 7c+ 1pa (8b?) bewertet war. Zudem kam im Topo der Erstbegeher eine 8a in der 2. Länge und zwei 7b+ ganz oben. Also viel zu tun für einen viel zu kurzen Tag. Dazu noch die Spannung ob wir die Einzelstelle klettern könnten um eventuell einen Durchstieg der gesamten Route zu starten.




Ich kam zu Thomas zum 1. Stand und schaute neugierig die 8a Länge an. Es folgte eine schmale Verschneidung zum Hangel. Ich fackelte nicht lange und setzte mich in jeden Haken um Kraft und Zeit zu sparen. Der schwer aussehende Teil ging erstaunlich gut deshalb musste die Crux ja noch kommen. Als diese kam hatte diese sogar was mit Rißkletterei zu tun. Ein überhängende Hangel mit einem immer schmaler werdenden Streifen zum Treten. Die Züge waren nicht offensichtlich, aber mit der etwas probieren und etwas Technik beim Fingerklemmen war die Stelle zu Lösen.  Anschließend probierte Thomas  das Ganze im Top Rope und ich genoss meine Pause. Im Durchstieg fühlte sich diese Länge nicht mehr schwer an und mein Bewertungsvorschlag ist 7c/7c+. Jetzt hieß es Blick nach vorne und Thomas war an der Reihe. Ich machte Große Augen, als er zweimal seine volle Armspanne und Körpergröße ausspielte. Das sah wirklich schwer aus. Zwar war die 3.Länge nur mit 7a+ eingestuft, aber für kleine eine echte Herausforderung. Am Stand angekommen wurde es endlich spannend. Unser Blick ging nach oben und es sah glatt aus. „Hoffentlich ging die Stelle und ich bin nicht zu klein“ war mein Gedanke als ich einstieg. Bis zum 5.BH ging es gut, aber dann wurde es glatt. Der Griffe waren noch etwas schmutzig aber das war schnell behoben. An der Crux musste man von einem auslaufenden Riß nach rechts über ein kleines Dach in eine beginnende Verschneidung. Nach einer Weile Bouldern freute ich mich eine Lösung mittels 7 weiten Zügen gefunden zu haben diese Stelle zu überbrücken. Diese fühlten sich nicht unmöglich an, doch es war anstrengend diese bei den schlechten Tritten aneinander zu reihen.
(Thomas nach der nach der Crux der 4.Sl von Giglio di fuoco. Foto: Tobias Wolf)

1h später waren wir immer noch an der gleichen Stelle. Thomas war bereit 2 mal in der Länge und ich hatte auch schon 3 Versuche hinter mir. Beim letzten Versuch erreichte ich fast das Ende der Crux, war aber nach dem clippen zu schlapp um den weiten Zug aufzulösen. Die Hoffnung die gesamte Route zu schaffen hatte ich fast aufgegeben, denn es war schon  16:00 und es folgten 3 weiter schwere Längen. So konnte ich mich wenigstens auf diese eine Länge konzentrieren und stieg erneut ein. Bereits vor der Crux spürte ich, dass die bisherigen Klettermeter sowie der Zustieg seinen Tribut forderten. Ich war dieses mal fest entschlossen den Haken nicht einzuhängen und weiter zu klettern. Die Züge fühlten sich zäh wie Honig an und die Trittwechsel dauerten scheinbar ewig. Die normale zeitliche Wahrnehmung kam erst zurück als ich die Verschneidung mit letzter Kraft erreichte und mich diese hochkämpfte. Schwer atmen kam ich am Stand an und konnte es nicht fassen. Ich hatte es wieder einmal gerade so geschafft. Also waren wir wieder im Rennen obwohl es bereits 16:30 Uhr war. Uns blieben also noch 2h Tageslicht und laut Topo noch eine 7a und zwei 7b+ folgten war das noch machbar?
(Tobias in der 5.Sl von Giglio di fuoco. Foto: Thomas Hering)
Thomas war an der Reihe und die 5. Länge hatten wir schneller hinter uns gebracht als gedacht. Also schnell Material tauschen und weiter geht es. Bevor ich vom Stand loskletterte schaute ich nach oben und war beeindruckt. Die 6.Sl sah extrem glatt aus und verschwand auch noch um die Ecke. Bei der Einstufung 7b+ kann man alles erwarten und viele Haken gab es auch nicht. Ich legte einfach los den Zeit zum Überlegen gab es nicht. Das ist auch ein Punkt der Klettern an großen Wänden zu einem Erlebnis der anderen Art macht. Man ist im Kopf so mit dem Zeitdruck, der Routenfindung und des Organisierens der Seile beschäftigt, dass keine Zeit bleibt um Angst zu haben. Es war gleich am Angang schwer und mittels zwei Handvoll Grasbüschel kam ich zum zweiten Haken. Zum fürchten war ja keine Zeit und so schreckten mich die 8 m Hakenabstand in der scheinbar glatten Platte kaum. Es war auch nicht sich zu fürchten sondern es sah nur schlimm aus, denn es gab immer wieder gute Tritte, welche man von unten nicht sah. Meiner Meinung nach ist dies die beste Länge in der ganzen Route, aber ich bin auch ein Plattenliebhaber. 
(Thomas Hering in der genialen 6.Sl von Giglio di fuoco, Foto: Tobias Wolf)

Auch hier weicht meine o.s. Bewertung mit 7b von der der Erstbegeher ab und bei der letzten Länge war es sogar nur 7a+. Diese ebenfalls schöne technische Länge überließ mir Thomas netterweise da er nach dem langen Tag ganz schön geschafft war. So ging der Tag zu Ende und nachdem wir abgeseilt und am Biwak waren war es dunkel.




Am nächsten Tag war erneut viel geplant, aber der nächtliche Regen machte uns einen Strich durch die Rechnung. Eine Plane im Biwak hielt uns trocken und da der Regen nicht aufhörte stiegen wir gegen 9:00 Uhr in „Geiss-surpreis“ ein. Das Große Dach in der 3. Seillänge schützt die Route vor Regen, solange kein Wind anlag und wir hofften zudem auf besseres Wetter am Nachmittag. Die erste Länge war kurz, schwer und ein echter Kaltstart. Die zweite ausdauernd und anfangs ganz schön bröselig. Die 8a Länge, das Dach, beeindruckte uns beide. Mehr als 10m ausladend querte man unter diesem nach rechts.

(Tobias Wolf im Dach der 3.Sl von Geis-surprise. Foto: Thomas Hering)
 Außer in der Mitte gab es kaum nennenswerte Tritte und das Hangeln war auf Dauer sehr anstrengend. Der Stand war 3m über der Dachkante und der Zug zu diesem war noch einmal wackelig was im Durchstieg bestimmt noch schlimmer werden würde. Nach dem ausbouldern kletterte bzw. sprang ich 4 Haken zurück, damit ich beim Ablassen am Stand rauskomme. Wir tauschten die Rollen und Thomas boulderte das Dach aus. Da Thomas ebenfalls am Durchstieg der Länge im Vorstieg interessiert war  folgten wir unserem üblichen Vorgehen. Einmal von uns beiden ausgebouldert machten wir abwechselnd RP-Versuche bis einer Durchsteigt. Dem anderen bleibt dann nur der Nachstieg. So viel zur Theorie. Ich stieg im 2.Versuch durch und Thomas daher nach.

( Thomas im Dach der 3.Sl von Geis-surprise. Foto: Tobias Wolf)
 Am folgendem Beispiel zeigt sich einmal deutlich ein Nachteil der Wechselführung. Thomas ruhte sich 10 min nach dem Dach zwar aus und tropfte dennoch 2 mal vor dem ersten Haken der nächsten 7a+ Länge ab. Auch ich fand die Stelle später unangenehm, da es keine Tritte zum Einhängen gab. Mittlerweile regnete es nicht mehr und der Fels trocknete sehr schnell ab. Nur vereinzelt kam noch Wasser aus der Wand aber nicht in der kommenden 7c+. Toller Fels wartet hier auf uns. Die Crux im Quergang erleichterten wir uns, indem wir mit den Füßen auf Höher der Haken quert. Obwohl die 6. Länge in der Crux nass
(Tobias in der 6. Sl von Geis-surprise Foto: Thomas Hering)
 war ging sie zu klettern es war aber nicht schön. Das aus für uns kam in der 7. Länge, welche auf den ersten 7 m klatschnass war. Das Wasser kam in größeren Mengen aus einem Unscheinbaren Spalt in der Wand. Das würde die nächsten Tage bestimmt nicht mehr trocknen und schon gar nicht heute. Da half alles nichts, wir mussten an dieser Stelle abseilen. Bis auf das Gefühl, das eine schwere Länge am Ende fehlt, war ich zufrieden. Ich beruhigte mich ein wenig mit der Ausrede, dass die Länge ja zur „Via Gabriele“ gehört und ich diese das nächste mal im trockenen Zustand ohnehin klettern wollte.
Der nächste Tag war Ruhetag mit dem Abstieg ins Tal und anschließend vergeudeten wir nach meinem Empfinden den letzten Tag guten Wetters mit dem Versuch der Route „Ritorni Noturni“ im Valle Verzasca. Die Crux war leider ein gnadenloser Längenzug der kein Spaß machte wenn man nur 1,68 m groß ist. Dazu kamen je 2h Buschwalk der jedem Australier gefallen hätte. 

Tobias in Ritorni Notturni. Foto Thomas Hering

So ging die diesjährige Saison in den Alpen zu Ende und ich freue mich schon auf nächstes Jahr.


An all die vielen stillen Leser dieses Blogs: Ein gelegentlicher Kommentar freut mich.





(Blick von Paretone d'Osogna ins Tal)






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