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Sonntag, 23. Februar 2020

Wadi Rum - Traum und Wirklichkeit

Rum Village vom Jebel Rum aus.

Ein schier endloses Meer an Felsen und ringsherum nicht als Wüste. Eine Ambiente wie aus einem Märchen in dem die wildesten Abendteuer bestanden werden müssen. Dazu die genialsten Strukturen aus Sandstein. Da schlägt jedes Kletterherz schneller. Unser Drang nach Neuland ist geweckt. Nun stehen wir unter einer großen Wand und die Griffstrukturen sind der Traum. Löcher mit sinterartigen Stegen und über uns geht es 500 m weiter so. Doch noch bevor wir 5 m vom Boden entfernt sind, bricht uns alles aus. Die Sinter sind hohl und verrottet, die Lochränder so fragil, dass es nicht möglich ist daran zu Klettern. Selbst Faustdicke Platten brechen bei geringster Belastung aus der Wand. Wenn eine dieser Platten den Sicherungsmann oder das Seil trifft, begegnet man seinem Schöpfer. Dazu kommt, dass über uns tausende dieser Platten lauern und ein Bohrhaken hier in diesem Sandkasten eh nicht hält. Aus dem Traum ist ein Alptraum geworden doch es gibt kein Erwachen.
Wo sind wir und wie kam es eigentlich dazu?

Es ist Anfang Februar und wir befinden uns in Jordanien. Wir haben über 100 Bohrhaken im Gepäck und sind der Meinung uns gut vorbereitet zu haben. Nach etliche Bohrversuchen, im heimichen Keller, haben wir uns für 100 mm lange und 12 mm dicke Bohrhaken entschieden. Notfalls wollen wir sie einkleben. Es wurden vorher etliche Bohrversuche mit unterschiedlichen sächsischen Gesteinstypen unternommen. Nach 2 Einkletterrouten wurden viele potentielle Wände besichtigt und geklettert. Wir fuhren Stundenlang mit einem Allrad durch die Wüste und alle Wände die bei uns auf der Liste standen vielen durch. Es waren nicht wenige an der Zahl. Anfangs vielen die Routen wegen der Linie durch später immer wegen der Felsqualität. Am Ende ließen wir uns im Barrah Canyon absetzen mit Wasser und Essen für eine Woche. Dort erlebten wir mehrfach das oben Ausgeführte. Steine die wir auf den Felsboden warfen zerbrachen nicht etwa in 2 Teile, sondern zerfielen mit einem dumpfen Ton zu Staub. Hier war nichts für uns zu holen.
Unsere Erste Idee die uns Oli empfohlen hatte ist rechts von Bernds "55 Steps to Hell" (Jebel Rum vom Wadi es Sid aus) leider denken wir das die Linie nicht sinvoll aufgeht. Zumindest sah es für uns so aus als wir aus Bernd's Route geschaut haben.
Hier sieht man mal gut das die festeren Gesteinsschichten an der Oberfläche schneller verwittern und das die Verbindung zum Sandstein nicht immer gut sind.


Sieht gut aus, aber das dunkelrrote Gestein bzw der dunkelrote Sand ist am bröseligsten.

Wir dachten wir sind im Himmel. Im Rad Al Beidam einem Nachbarcanyon zum Barrah Canyon dachten wir es wäre der Erstbegeherhimmel. So viele tolle Wände und noch keine Routen. So müssen sich die Erstbegeher in Sachsen vor 80 Jahren gefühlt haben. Die Euphorie war leider von kurzer Dauer. Noch weitere Mal erging es uns an diesem Tag so.

Was für eine tolle Wand aber so brüchig wenn man versucht daran zu Klettern.

Entäuscht fuhren wir zurück ins Wadi Rum Village. Eine letzte Möglichkeit gab es noch am Jebel Rum. Die Linie wirkte nicht sehr vielversprechend und hier gab es bereits einige Routen. Uns wurde bereits vorher berichtet, dass die Ostseite vom Jebel Rum den mit Abstand besten Fels der Gegend aufweist. Wir stiegen erst mal "Towering Inferno" ein, um uns ein Bild vom Ganzen zu machen. Unsere Erwartungshaltung war gering aber es ging tatsächlich noch eine Linie.

Die 4. Sl ist anfangs noch gut strukturiert und wird dann zu einer kompakten Reibungsplatte mit Fingerlöchern.

Die 6. Sl war eine so tolle 6c mit runden festen Löchern, dass ich aus dem Lächeln gar nicht mehr rausgekommen bin.

Der Begin der 7.Sl.

Auf Höhe des 7. Standplatzes ist 20 m links der Abseilstand der "Towering Inferno" Da wir diese Abseilstelle benutzen, weil das Seil besser abzuziehen ist, bekam der Stand von uns einen Klebehaken spendiert.

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Da wir die Bohrmaschine vorsichtshalber schon mit dabei hatten, ging es auch gleich los. Was dann folgte ist fast zu schön um war zu sein. Die Kletterei war fantastisch und der Fels für die hiesigen Verhältnisse excelent. Wir kamen aus dem Grinsen nicht mehr raus, so viel Freude bereitete es uns. Schnell merkten wir, dass unsere neue Route nicht extrem schwer werden wird und so bohrten wir dem Grad entsprechend. Am Ende des ersten Tages hatten wir 5 neue Längen erobert und es erwarteten uns noch ca. 5 weitere. Leider hatten wir keine Schlafsachen dabei, den das Band was wir erreichten, wäre ideal zum schlafen gewesen. So ging es wieder nach unten und am nächsten Tag, mit neuer Munition, an den teils hängengelassenen Seilen wieder hinauf.

Am Abend zufor hatten wir 230 m Seil hängengelassen und mußten am Morgen wieder aufsteigen um unsere Arbeit zu beenden.

Die 8. Sl beginnt mit einem Sandsteinsinter. Da es etwas überhängt war hier das Klettern mit Bohrmaschine und das Bohren aus der Kletterstellung etwas anstrengender.

Der Anfang der 10. Sl. Das Bohren und die Reibungskletterei hat echt Spaß gemacht.

Alle Abseilstände  haben einen Klebehaken bekommen.


Um 9:00 Uhr ging es dann mit einem Sandsteinsinter weiter. Der mich durch seine Steilheit, den ganzen Vormittag beanspruchte. Der Fels wurde für einige Meter schlechter und ich bekam zum ersten mal einen Haken nicht fest. Also Augen zu und weiter klettern. Im Nachhinein haben wir den Haken eingeklebt. Hier zahlte sich unsere gute Vorbereitung aus. Wir hatten an unterschiedlichen Sandsteinbrocken Probebohrungen gemacht und extra einen Abgenutzten 12er Bohrer dabei gehabt. Diese war nur 11,5 mm im Durchmesser und wenn wir diesen verwendet haben bekamen wir den Haken immer fest allerdings war dieser zu klein wenn die Felsoberfläche schwarz war und leider hatte ich hier noch den neuen Bohrer in der Maschine. Wenn wir immer mit dem neuen Bohrer gebohrt hätten, wäre das Problem öfter aufgetreten.
Bohrtests bei Chris-Jan im Keller. Gesteinsproben von hinten nach vorne: Zschand, Kirnischtal und Gamrig.

Außer beim Gestein vom Gamrig haben wir die Schwerlastanker festziehen können. Das sagt nicht darüber aus, dass dies Absicherung für diese Gesteine geeignet. Es war lediglich ein Test wie groß das Loch wird und ob der Schwerlastanker sich festziehen läßt. Viele bestehenden Routen im Jebel Rum haben 10 mm Bohrhaken aber wir entschieden uns für extra lange 12 mm Haken.


 Nach 3 weiteren und 2 sehr schönen Seillängen standen wir nach 2 Tagen auf dem Gipfel des Jebel Rum. Es dauerte noch etwas beim Abseilen bis an jedem Stand ein Haken eingeklebt war und die Griffe geputzt waren. Wir nahmen beim Abseilen auch mehrer Rucksäcke voll lose Steine mit ins Tal. So viel Zeit und Pflege einer Neuroute muss schon sein. So wurde es an diesem Tag sehr spät 10 neue Längen waren gebohrt und warteten auf den Durchstieg. Das Einzigste was noch fehlte war ein separater Einstieg., denn bisher waren wir "Inferno" eingestiegen. Am Tag des Durchstieges standen wir halt etwas zeitiger auf und erschlossen noch die ersten beiden Längen. Wie alles natürlich von unten. Dann ging es zurück auf den Boden für den Duchstieg. Durch den neuen Einstieg benötigte man nur noch 3 kleine Friends ( Metolius Mastercam 1-3 bzw. Camelot 0.2-0.4) sowie 3 mal 1,2 m Bandschlingen und 14 Exen für die ganze Route. Wir stiegen in 5h zum Gipfel und fertig war die "Königin der Wüste" bzw. 'Queen of the desert". Mit 460 m, 7a+ und 6c obl ein echtes Juwel.
Dieser Stein markiert unseren Einstieg. Innerhalb von wenigen Tagen stiegen bereits 3 Seilschaften in die neue Route ein.

Das Originaltopo von "Queen of the desert" am Jebel Rum.

Topo "Queen of the desert" am Jebel Rum.

Da die Ostseite des Jebel Rum etwas unübersichtlich ist, haben wir mal eine Übersicht zusammengestellt.



Im Anschluss kletterten wir noch die neue Route der Franzosen "La Voie du Coeur", "Ramadan Connection", und "Jihad" und kamen so auf 3000 Klettermeter.

Von all den Routen die wir geklettert haben, ist "Queen of the Desert"diejenige mit dem meisten guten Fels.
Der Preis für die Route mit den tollsten Seillängen ging an "La Voie du Coeur", die Arnaud Petite und sein Team eröffneten. Die ersten 5 Längen sind wunderschön und auch schwer. Leider wird danach der Fels stellenweise sehr mürbe. Auch die 3. Länge von Rock Empire war sehr schön, der Rest ist nicht so schön und komisch gebohrt.

Also wir hatten in der Zeit nur einmal Schnee aber die müssen echt strenge Winter hier haben. Überall liegt haufenweise Streusand herum :-)

Das Topo von "La voie du Coeur"

Der Muezzin ruft 5 mal täglich zum Gebet. Dies ist ein echtes exotischs Erlebnis wen man in der Nähe von Rum Village klettert. Leider hatten wir und die Muezzin in der letzten Wochen kein Strom.
 Ich habe mal eine Sammlung von Topos aus dem Wadi Rum zusammengestellt und nach Gipfeln geordnet. Vielleicht ist diese ja beim nächsten Besuch vom Wadi Rum eine Hilfe.

https://www.dropbox.com/sh/s8z81ovcvzv52ut/AADDIp2Tk4iyjxKvI-F9Ehu2a?dl=0

Eine ausgetruckte Version ist ab ende Februar in Ali Hamad's Sunrise Camp zu finden. Vielleicht hat diese Toposamlung ein langes Leben und wird fleißig gepflegt.

Die Topos sind nach dem Berg/Region benannt wo sie sind und wenn die Route 7a oder schwerer ist, dann ist die Schwierigkeit nach dem Namen aufgeführt.

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