Narajo de Bulnes, der Spanische Vorzeigeberg. |
Es war wieder mal Zeit für die Sommerferien. Dieses Mal war die Frage des Urlaubsziel einfach.
Zweimal hatten wir bereits geplant nach Spanien zum Picos de Europa zu fahren um den mächtigen Naranjo de Bulnes zu Besteigen. Zweimal hat uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht und die Flüge wurde gestrichen. Endlich war es so weit und es konnte losgehen. Mit von der Partie war wieder die übliche Sommerferienbesetzung. Familie Wolf mit 2 Kindern sowie Oma Wolf für die Kinder zum Spielen. Dazu wie üblich Michael
Meyer damit ich jemand zum Spielen habe. Meine Mutter und Micha kamen den weite Weg mit dem Flugzeug und wir mit dem Auto.
Der eine oder andere wird sich sicher Fragen: "Wie kommt man auf die Idee im Sommer nach Spanien zu Fahren?" Erstmals hörte ich von Peter Horndrich der die Sommerferien an der spanischen Atlantikküste verbrachte. Rings
herum um den Nationalpark "Picos de Europa" gibt es viele Sportklettergebiete die lohnend sein sollten. Alle profitieren von der Nähe zum Atlantik weshalb das Klima mild und feucht ist. Nicht selten verhindert die tiefhängende Wolkendecke, dass man von der spanischen Sonne gegrillt wird. Als ich mich dann weiter zum Park erkundigte staunte ich nicht schlecht, als ich ein Bild des Picu Uriellu sah welcher auch Narajo de Bulnes genannt wird. Ein Kalkdom der mit seiner 500m hohen Westseite einfach nur beeindruckend aussieht. Für spanische Kletterer ist angeblich ein muss diesen 2519m hohen Berg zu besteigen und über die kürzere Südseite ist dies sogar im 5ten Grad bei tollen wasserzerfressenen Kalk möglich. Wir hatten sogar das Gefühl, dass den Einheimischen dieser Berg heilig ist und dementsprechend alt und puristisch sind die Meiste Anstiege abgesichert. Viele Kletterrouten sind Borhakenfrei oder nur mit rostigem Material der Erstbegehung ausgestattet.
Durch die viele Feuchtigkeit vom Atlantik gibt es eine Artenreiche Flora und Fauna. |
Die steilen Wände wurden meist im Winter mittels Aidkletterei überwunden. Hier gibt es solche Routen wie "Pillar del Cantábrico" A2 6a+ welche 1981 mittels Bohrhakenleitern bezwungen wurden. 1992 erfolgten die ersten Versuche einer freie Begehung durch Francisco Fernández. Dies ist umstritten, da vermehrt Griffe geschlagen wurden um die Wand freikletterbar zu machen. Die nächste freie Begehung folgte 1995 durch Dani Andrada und die 3. Begehung und der erste Durchstieg an einem Tag folgte 1997 durch Josune Bereziartu & Iker Pou. Frei wird die Route mit 8a+/b bewertet. Andere Routen wie "Sueños de Invierno" A4 6c ( 1983) wurden extrem mutig mit Copperheads aus Blei erstbegangen.
Diese Bleiklumpen die zusammen mit einer Drahtschlaufe in Löcher oder Mulden geschlagen wurden hielte vor 39 Jahre gerade mal das Körpergewicht.
Auch diese Route wurde 2016 durch Alex Huber und Fabian Buhl freigeklettert. Zum Teil mit Skyhooks als einziger Zwischensicherung bei Schwierigkeiten bis 8a. Glücklicherweise gibt es einen Trend die alten Rostgurken durch haltbares Material am Stand zu ergänzen. Jedoch scheine zusätzliche Haken fürs Freiklettern ein Tabu zu sein. Auch Erstbegehungen im Nationalpark sind nur nach vorheriger Genehmigung durch den Park erlaubt. Glücklicherweise findet sich in den meisten Wandbereichen zumindest eine Route über welche man wieder abseilen kann.
Der lange Zustieg mit viel Gepäck offenbart nach über 1,5 h das Ziel des Aufstieges. |
Es gibt ein recht guten Führer welcher die leichten Wandbereiche beschreiben jedoch mangelt es an aktuellen Informationen zum Material und der Schwierigkeitsbewertung fürs Freiklettern in der NW-Seite. Die meisten Informationen zu den Aidrouten un vor allen deren Erstbegehung finden sich auf bulnesland.blogspot.com. (
(Eine komplette Übersicht der W-Seite habe ich erstellt und zu jedem Weg mindestens ein Topo -meist mehrere Topos - hinzugefügt. Diese Sammlung sowie die Übersicht kann hier heruntergeladen werden:
https://www.dropbox.com/sh/ulcbno9uxr214zu/AAB_H-juJ_AESCgZQ-HfRc-va?dl=0 )
Uns reizte natürlich der "Bermeja-Überhang" die überhängende Nordwestseite aber "Sueños de Invierno" war uns eine Nummer zu wild. Deshalb entschieden wir uns "Pillar del Cantábrico" zu probieren.
Topo vom Pillar del Cantábrico |
Da die ersten 4 Längen die schwersten und überhängensten waren planten wir einen ganzen Tag nur fürs ausbouldern und Durchsteigen dieser. Leider verzichteten wir aus Gewichtsgründen darauf ein Sitzbrett mitzubringen. Das bereuten wir sehr schnell, denn die Standplätze waren nahezu alles Hängestände. Als wir früh einstiegen wussten wir noch nicht was für ein anstrengender Tag vor uns liegt. Die 1. Sl war mit 7b+ noch mit die dankbarste Länge des Tages. Die Freikletterlinie kletterte immer in der Nähe der alten Rostgurken und es war gleich unten, links der ersten 4 BH schwer.
Die 2. Sl beim Leistenboulder links der Aid-Linie. |
Die Züge zum Stand sind 3m links der Hakenleiter aber zum Glück nich ganz so schwer. |
Die 2 Sl war da mit 8a schon ein anderes Kaliber. Der Verlauf der Freikletterlinie war an zwei Stellen abseits der alten Haken bei der ersten Stelle gab es dafür sogar einen separate Bohrhaken der leider auch nicht mehr gut aussah. Dort musste man erstaunlich kleine Griffe extrem weit durchblockieren. Leider waren einige diese Griffe eigens dafür geschlagen worden. Weiter oben kurz vor dem Stand gab es noch einen größere Linksbogen wo man die Rostgurken leider nicht mehr einhängen konnte. Der Durchstieg glückte im 2. Versuch aber die Finger schmerzten wegen der kleinen Leisten und das Treten war in dem extrem glatten Kalk auch schwer.
So steil wie die 3. Sl sind die anderen nicht. Trotz der Kürze megaanstengend und pumpig. |
Unten geht es mal ein Stück ganz gut aber die Crux und der Rausschmeisser komme bei der 3. Sl ganz oben. |
Die 3. Länge 8a+/b lag vor mir und um Kraft zu sparen zog ich die Hake durch und machte mich auf die Suche nach den Griffen. Da keinerlei Chalk auf den Griffe war musste man an einige Stelle ausgiebig suchen und ausbouldern. An anderen Stellen waren die zum Freiklettern gebohrten Griffe in der glatten Wand so offensichtlich, dass es schon traurig war. Auf diese Weise konnte man doch alle Routen Freiklettern aber ist das der Sinn dahinter?
Ich konzentrierte mich wieder auf die sehr athletische Kletterei und war froh die Einzelzüge hinzubekommen. War das im Durchstieg möglich?
Besonders der Abschlussdynamo kurz vor dem Stand. Mal sehen was die Pause bringen wird.
Zwei Aid-Kletternde Spanier waren mit einem Tag Vorsprung vor uns in der Route. Sie stiegen früh an ihren Fixseilen vom Vortag auf. Die Seile hingen gewaltig von der Wand entfernt und als diese abgeworfen wurden lagen sie ca. 80m vom Einstieg entfernt. Ganz schön überhängend diese Wand! Doch wir erhielten von ihnen ein paar nützliche Informationen, die das Abseilen erleichterten und sie sagten uns, dass sie nach der 8. Sl ihren Haulbag mit allem unnötigen Material herunterwerfen werden. Auf die Frage hin ob sie nicht Angst haben jemanden zu erschlagen meinten sie nur: "Unter der Wand läuft eh niemand lang" Ich kam gerade vom Ausbouldern zurück zum Standplatz als wir von oben schreie hörten. Noch kurz vorher saß ein Paar schräg unter der Wand und hatte mir beim Kletter zugeschaut. Irgendwann hatte sie sich auf den Rückweg zur Hütte gemacht. Wenig später schlug der Haulbag der Spanier nach über 200m freien Fall neben dem Weg ein und rollte das Geröllfeld herunter. Obwohl die Spanier dies angekündigt hatten waren wir schockiert. Falls der Sack jemande getroffen hätte wäre er tot gewesen. Von oben konnte man durch die Überhänge auch unmöglich abschätzen wo der Sack genau einschlagen wird.
Nach einer kurze und weniger entspannte Pause im Hängestand machte ich mich an den Durchstiegsversuch. Da Micha das lange Hängen nicht besonders gut tat mussten wir weiter komme. Hätte ich nur das Sitzbrett mitgenommen hätte ich mir eine längere Pause gönnen können.Da alle Exen bereits hingen und das Materialseil auch schon am nächsten Stand hing war mein Gurt zumindest leichter. Nicht jedoch meine Arme nach dem vielen Ausboulder. Der erste Boulder ging ohne Zusatzgewicht. leichter als gedacht aber dann wurde es extrem pumpig. Als ich am gehackte Unterkreuzer ankam war ich schon fast am Ende meiner Kraft. Sprichwörtlich auf letzter Zehe gelag mif der 2. Boulder und ich versuchte mich an einem schlechten Schüttler vor dem Abschlussdynamo zu regenerieren. Leider stand ich zu ausgestreckt als das mir dies glückte. So ließ ich die linke Hand geziehlt zulaufen um rechts mehr Kraft zum Bleschleunige für den 1,5 m Dynamo zu haben. Noch 5 Züge bis und dann kam der alles entscheidende Zug. Linker Fuß über den Überhang setzen und den rechten Fuß nachziehen und dann Vollgas geben... . Ich kippte weiter nach hinten raus als beim Ausbouldern, aber ich blieb gerade so oben hängen. Juhu geschafft. Die Crux war somitgeklettert. Die 4. Sl war mit 7c+ deutlich leichter aber nach den 3 Durchstiegen und dem Ausbouldern musste ich mich mächtig ins Zeug legen auch diese Durchzusteigen. Geschafft und hungrig seilten wir ab und ließen unsere Seile für den Gipfelsturm am Folgetag hängen. Gut war, dass wir das Materialseil am 2. Stand befestigt hatten so konnte wir uns mittels Microtraxion die 15 m Überhang einfach zurückziehen.
Einfach schön anzusehen der Picu Uriellu. Links im schattigen Überhang haben wir uns den ersten Tag herumgetrieben. |
Am Folgetag ging es noch zeitiger los und wir stiegen an unseren Kletterseilen wieder auf. Blöd war nur, dass Michas Stirnlampe schon im
Zustieg den Geist aufgab und es noch finster war. Schon blöd bei den Seilmanövern die notwendig waren um unsere Seile wieder freizubekommen ohne wie eine Rakete aus der Wand zu schießen noch dazu an den Rostgurken mit nureinem guten Bolt am Stand.
Das erste Licht am Horizont kündigt den neuen Tag an... |
... und sobald es heller wird sieht man das Wolkenmeer gegen die Berge branden. |
Erst einige Zeit später färbt die Sonne die Bergspitzen in warmes Rot. |
Auch das wir uns dagegen entschieden hatten die Daunenjacke mitzunehmen war nicht so gut denn es war kalt und windig. Die Längen wurden zwar leichter aber die Orientierung war deutlich anspruchsvoller. Zweimal verstiegen wir uns und das kostete Zeit und vor allem Körperwärme.
Wenn die Haken am Stand alle alt sind, dann muß man sie halt durch einen Friend Ergänzen. |
Die 8. Sl ist toll aber gegen Ende etwas unübersichtlich. |
Bei der 6. Sl sollt mann erst den 2. Standplatz zum nachholen verwenden, denn danach quert die Route 15m weit nach rechts. |
Es waren oben ein paar tolle Längen dabei die selbst an der Marmolada toll wären. Nach mehr oder weniger 17 Längen waren wir Auf dem Gipfel.
Mein Liblingsbild. Micha entsteigt in einer der letzten Seillängen dem Wolkenmeer und strebt dem Gipfel entgegen. |
Das Wolkenmeer verhinderte das wir den Atlantik sehen konnten. |
Bei den letzten Längen war es schwer zu wissen ob man Längen zusammengehangen hatte oder nicht.
Der Blick auf dem Gipfel war grandios und wir befanden uns über dem Wolkenmeer. Leider konnten wir dadurch den Atlantik nicht sehen aber vereinzelt schauten einzelne Felsen und Berge wie Insel aus den Wolken.
Endlich oben und was für ein Blick. |
Gipfel und Wolkenmeer |
Im Abstieg über die Südseite waren wir erstaunt wie toll die Felsqualität in den leichten Routen ist. Als wir dann im Abstieg in die Wolken eintauchten machte der Nebel auf dem langen Abstieg nicht nur die Felsen klatschnass. Am Zelt schliefen wir kurz nach dem Abendessen zufrieden ein und wir freuten uns auf den Ruhetag und weiteren schönen Routen im Picos de Europa.
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