 |
| Dier Verdonschlucht, einer der größten Canyons in Europa |
Wir dachten das schwerste liegt bereits
hinter uns. Die Haut schmerzte höllisch und die Züge wollen nicht
gelingen. Die Unterarme sind schon im roten Bereich. Noch diese eine
Seillänge und die Wand legt sich endlich zurück. Am Morgen war die
Reibung darüber vom Regen der Nacht noch nass, aber das sollte langsam
abgetrocknet sein. Der 3. Tag harter Arbeit neigte sich dem Ende und
heute sollte der Tag der Ernte sein. So dachten wir... bis sich die
Schleusen des Himmel öffneten. Als es nach 20 Minute auch noch anfing zu
Hageln löste sich ein Schrei der Frustration aus meiner Kehle. Ich
konnte es einfach nicht fassen.
Jetz mal von Vorne.
Stephan Isensee und ich hatten endlich mal wieder Zeit gefunden gemeinsam Zeit in der Wand zu verbringen.
Das Ziel war im Verdon eine neue Route einzubohren, Durchzusteigen und dann noch so viel wie möglich andere routen Klettern um die Einstufung deer Route vor Ort zu vergleichen.
 |
| Die Anreise |
Das
war der Plan, leider hatten wir diesen ohne das Wetter gemacht. Als wir
Nachmittags im Verdon ankamen, waren wir wie gerädert von der langen
Fahrt und übernächtigt von der kurzen Nacht. Auch sahen die vielen
Sinterrouten auf der anderen Talseite nasser aus als ich es je erlebt
hatte. Dennoch wollten wir eine Plattenroute zum Einklettern machen
bevor wir mit Bohren anfingen. Und heute war einer der wenigen Tage ohne
Regen in der Vorhersage. Also Abseilen und los, so war der Plan. Leider ist das finden
der Route von oben nicht immer leicht. Als wir endlich unsere abgelegene
Route gefunde hatten gab es nur noch diesen einen Weg aus dieser Wand nach
oben. Ins Tal Abseilen war wegen der fehlenden Abseilpiste und den
Überhängen unter uns keine Option. Wenig später wünschten wir uns einen
Überhang über uns, denn es fing an zu regnen. So durften wir 5 nasse
Plattenlängen nach oben klettern um der Wand zu entfliehen. Kein guter
Start aber wir lernten das nasser Kalk immerhin noch etwas Reibung
besitz.
 |
| Beim Abseilen zur Warmkletteroute. Ab jetzt gibt es keinen anderen Weg mehr nach oben außer die gewählte Route. |
 |
| Die erste Länge hielt das Wetter noch, dann war Schwimmen nach oben angesagt. |
Neutour in L'Estellier
Am nächsten Tag ging es bereits ans Bohren. Fast 4 Längen
schafften wir am 1. Tag den Rest der Route bohrten wir am nächsten Tag
ein. Entweder früh oder abends regnete es aber irgendwie ging das schon,
besonders in den steilen Längen. Zum Glück waren die wichtigen Griffe
trocken, mehr kann man sich nicht wünschen. Vom Klettern und Bohren
völlig erschöpft freuten wir uns auf den ersten Ruhetag. Wir konnte alle
Einzelzüge der Erstbegehung klettern, wenn auch nur gerade so. Dennoch
waren wir erst mal froh, dass es gerade genug Griffe gab um die gesamte
220 m Wand von oben bis unten zu Klettern. Die Linie hatte ich im Jahr
zuvor gefunden und sie verläuft parallel zu "Arbre magique de rêve"
8a+ (Traumzauberbaum) einer Route die Chris-Jan und ich 2022 im Sektor erstbegangen hatten.
 |
| Ganz schön nass die Wand, besonders unter den Überhängen |
.jpg) |
Die geplante Kletterlinie. Die Stände und ob es komplett frei geht war noch ungewiss.
|
 |
| Die Wand ist so steil das Abseilen ohne Haken nur schwer möglich ist. Der Abstieg zu Fuß dauert jedoch 45 Minuten deswegen seilten wir von oben rein. |
Loup e(s)t ici 220m, 7Sl (7b, 6c+,8a, 8a+, 7c, 6b, 6b+)
Heute
war der Tag der Ernte also des geplanten Durchstieges. Da es am
Vorabend geregnet hatte waren die oberen 2 Seillängen und die Fixseile
nass, aber das würde sich bis zum Nachmittag sicher noch ändern. Nur das
Abseilen zum Einstieg war an den nassen Seilen sehr sehr unangenehm.
Die
1. Sl (7b, 40m, 14 BH) war leidlich trocken aber es zeigte sich schnell, wie
die erste Länge zu diesen tollen Tropflöchern in der grauen glatten Plagekommen ist. Genau an den
Stellen wo die Tropflöcher die glatte und graue Platte kletterbar
machten tropftes es regelmäßig aus dem Überhang. Dies machte diese Länge im
Durchstieg recht anspruchsvoll. Zudem kamen wir beide zu einem heftigen
Kaltpump gleich am Morgen.
 |
| Die 1. Sl von oben gesehen, tolle Tropflochkletterei und einen kleinen Boulder am Ende. |
 |
| Wenn die Wberhänge oben nass sind, weiß man wie die Tropflöcher unten entstanden sind. |
Die 2. Sl (6c+, 40m, 11BH) ist die leichteste im
unteren Teil. Bis auf eine schwere Stelle am 4.BH ist es ein angenehmes Steigen zu einem bequemen Standplatz auf einem Band.
 |
| Die 2.Sl ist erstaulich gängig und sauber für die Neigung. |
Die 3. Sl (8a, 20m, 10BH) ist der
Anfang der Crux und schlängelt sich durch die Schwachstellen des
Überhanges. Hier war das finden einer kletterbaren Linie anfänglich das größte Problem. Über dem 4. BH gibt es eine Untergriffrippe die man nur am
rechten oberen Ende greifen sollte!
Nach einem kleinen Querband wird es
mit jedem Zug schwerer. Das Ganze gipfelt in der Schlüsselstelle. Von
einer Leiste mit rechts zieht man weit links hoch zu einer schlechten
Zange. Mit schlechten Tritten muss der rechte Fuß auf die Leiste wo
gerade eben noch die rechte Hand war. Von dort schnappt man 1,4 m nach
oben auf eine Leiste am Ende des Sinters. Beim Einbohren glückte der Zug
bei 10 Versuchen nur 2 oder 3 mal. Besonders das Aufhocken mit rechts
war immer irgendwie anders. Nach erneutem Ausbouldern fand ich ein paar
kleine Details welche die Erfolgsquote auf 5 von 10 Versuchen erhöhte.
Das reichte aus um im Durchstieg gerade so hängen zu bleiben. So
kletterte ich zufrieden aber etwas keuchend zum nächsten Stand. Zum Gück wächst hier ein Baum aus der Wand so das man zum stehen kommt.
 |
Zwei Bohrer gingen bei dem Projekt in die ewigen Jagdgründe ein. Das blöde daran war alle beide in einem Loch. Wenn also mal der Bohrer kaput geht am besten ein neues Loch bog´hren sonst gibt es zwei stumpfe Bohrer.
|
Die 4. Sl (8a+, 25m, 8BH)
Der
Wetterbericht war für den Folgetag wieder schlecht angesagt. Wenn wir
nicht heute durchsteigen gab es vielleicht keine weitere Gelegenheit,
oder wir mussten den ganzen Urlaub ausschließlich mit der Neutour
verbringen. Kein Wunder das der Druck am heutigen Tag sehr groß war. Dank
des Baumes zu unseren Füßen war es kein Hängestand. Um zu vermeiden, dass der Vorsteiger
auf den Baum stürzt ist der erste Haken so gebohrt das man ihn vom
Standplatz aus vorclippen kann. Die ersten Meter im Linksbogen sind
etwas trickreich aber erst ab dem 3. BH wird es schwer. Weite Züge an
Seit- und Untergriffen die es schwer machen lange genug innezuhalten um
das Seil in die Expresschlinge einzuhängen. Zum Ende der Sl wird es zum
Glück wieder leichter. Die Länge endet an einem Stand der etwas unbequemer ist
als alle anderen. Erst im 3. Versuch glückte der Durchstieg weshalb ich
eine Grad schwerer Vorschlug als die vorhergehende Länge.
 |
Die 2. Cruxlänge sind atletische Züge zu einem Dach und darüber hinweg.
|
5.Sl (7c, 25m, 9BH)
Issy
boulderte die Länge als erstes durch. Als ich an der Reihe war fing es,
wie am Anfang des Post beschrieben, plötzlich an zu schütten. Resigniert kehrte
ich zum Stand zurück. Die Hoffnung die Neutour an diesem Tag noch beenden zu
können löste zerbröckelte langsam, als es nach einer kurzen
Regenpause anfing zu hageln.
Wir nutzten die Zeit um in der
vorhergehenden Länge einen nachträglichen Haken zu setzen und ein paar
Riegel zu Essen. Eigentlich nur, weil wir nicht nass werden wollten warteten wir länger als nötig am Stand.
Als
ich nach ca. 1h noch einmal in die Länge einstieg, waren die Griffe
erstaunlicherweise trocken genug um sie zu Klettern und durchzusteigen.
Juhu wir waren also weiterhin auf der Zielgraden. Wie der Fels so
schnell trocknen konnte ist mir zwar ein Rätsel aber wahrscheinlich gab
es in der Schlucht eine leichte kaum spührbare Luftbewegung die den Fels
so schnell abtrocknen lässt.
 |
| Auch bei der 5. Sl war uns das Glück hold und es gab genug Griffe um durch die Wand Klettern zu können. Bei dere Neigung ist das in Verdon nicht selbstverständlich, da gibt es auch vollig glatte Wandzonen. |
6.Sl (6b, 30m, 10BH)
Von
einem guten Band geht es über verschiedene steile Wandstücken nach oben.
Der Fels um die ersten 3 BH war zwar klatschnass, aber zum Glück war es rau
genug um auch bei den Bedingungen kletterbar zu sein. Zum Glück, denn so gibt es vielleicht doch noch ein Happy End.
7.Sl (6b+, 30m, 7BH)
Steil
genug, dass etwas Regen nicht störte. Anfangs etwas reibig in der Mitte
steil und oben senkrecht. Ein schöner Abschluß mit gutem Fels.
 |
| Der Ausstieg, Der Anfang und das Ende unserer Neutour. |
Vom Ausstieg (N
43° 44.527', E 006° 20.316) sind es weniger als 5 Minuten zu einer Parkbucht flußabwärts.
So war nach 3 Tagen in der Wand die Geschichte unserer Neutour zu Ende.
Noch
etwas zum Namen "Loup e(s)t ici". Da die Franzosen Freunde von
Wortspielen sind hatte Stephan Aka Issy die Idee zu einem Wortspiel mit
unseren Namen. So kann es zum einen heißen "Der Wolf ist hier" zum
anderen vom Klang her auch "Der Wolf & Issy"
Bevor wir uns
bei den Schwierigkeigsgraden festlegen wollten mussten wir noch
mindestens eine Referenzroute für die Einstufung Klettern die ja in
jedem Gebiet etwas anders ist.
t%20ici.jpg) |
Topo Louo e(s)t Ici 8a+,
|
 |
| Juhu Fertig! und alle Seile abgebaut. Zum Glück ist es nicht weit bis zum Auto. |
 |
| Morgens trügerisch schönes Wetter aber gut zum Seile trocknen. |
 |
| Und endlich mal frisches Baguet und Lavendelhonig aus "Trigance" zum Frühstück in der Sonne. |
Mingus 8a (12 Sl, 300m)
Das
Wetter blieb durchwachsen und wir benötigten erst mal 1-2 Tage Ruhe.
Zum einen um uns von den Strapazen der Erstbegehung zu erholen als auch
um wieder etwas Haut auf unseren Fingern wachsen zu lassen. Leider ist
das Klettern von nassen Seillängen sehr hautintensiv.
 |
| Der Morgen graut und es geht endlich los, ein bischen aufgeregt waren wir schon vorher. Imterhin ist die Mingus alles andere als eine Plasirroute. |
 |
| Der frühe Vogel fängt den Wurm |
 |
| Ab hier geht es richtig los. Wenn man in der Mingus gelben Fels sieht fühlt man sich wie in den Dolomiten |
Uns
blieben noch 2 Klettertage im Verdon und nur einer war nach
Wetterbericht niederschlagsfrei. So überlegten wir, was als Ziele in
Frage kommen könnte. Ich war für schattige oder kürzere Ziele, Issy war
Feuer und Flamme für die Mingus einer der längsten Routen im Verdon.
Mingus interessierte mich auch, aber die vielen schweren Plattenlängen
sollte man bei kühlem Wetter und idealerweise bewölktem Wetter angehen.
Leider waren 20 °C und den ganzen Tag Sonne angesagt. Die Südseite in
der Verdonschlucht heizt sich in der Sonne so stark auf das man selbst
im Winter bei windstille im T-Shirt klettern könnte.
Naja, wir
stiegen gegen jede Logik ein obwohl es hieß das die Schlüssellänge sehr
kühle Bedingungen und gute Haut benötigen würde. Als Plan B hatten wir
das Portaledge dabei um uns notfalls vor der Sonne verstecken zu können.
Da das Abseilen länger dauerte als gedacht stiegen wir erst 7:30
Uhr am Wandfuß ein. Die Felsqualität wechselte immer wieder von brüchig
bzw. gelb zu bombenfest bzw. grau. Bereits die 3. SL war die Crux aber
es war trozdem schon recht warm. Ich gab zwar einen on sight Versuch,
scheiterte aber an der ersten Boulderstelle wo man am Ende einer
Untergriffhangel mit kleinen Griffen und winzigen Tritten über ein
kleines Dach Klettern muss. Danach folgen die abgefahrensten Strukturen
die ich im Kalk gesehen habe. Kleine Leisten so scharf und auch so dick
wie Rasierklingen stehen wenige Millimeter schräg aus der Wand und man
muss sich daran festhalten. Da die Tritte ebenso winzig aber nicht so
großflächig sind und die Strukturen immer wieder von Querstegen
unterbrochen sind ist extrem viel Last auf den Fingern. Bei der Wärme
lösten sich meine Fingerspitzen bei wenigen versuchen langsam aber
sicher auf. Auch die Füße schmerzten höllisch in den guten Schuhen doch
diese waren zwingend erforderlich. Zum Glück konnte ich im 2. Versuch
durchsteigen, denn bei den Bedingungen machte es wenig Spaß. Jetzt
könnte man meinen, die Route sei in der Tasche. Weit gefehlt, denn es
folgten noch weitere 9 Seillängen. Nur eine war 6c diese hatte auf 40m
nur 6 Bohrhaken und war noch dazu recht brüchig. Der Rest waren
französische 7er- Längen und 5 davon waren 7b+. Also ging der Kampf
jetzt erst richtig los. Je höher wir kamen umso mehr schmerzten die Füße
und die Finger doch wir machten weiter.
 |
| Bei der 40m langen Cruxlänge geht es schnell heftig zur Sache und der Fels ist ab dem 5. BH so scharf das man sehr gute Haut und enge Schuhe benötigt. |
 |
| Nach der Crux heißt es jede Länge dranbleiben. Hier in der 8. Sl mal was anderes als Tropflöcher. |
 |
| Die 9. Sl wird ausnamsweise mal nach öben leichter. |
 |
| Vor der 10. Sl empfängt einen der bequemste Stand der ganzen Route. Zwischen 2 großen Löchern kann man sich fast Seilfrei bewegen. |
 |
| Die 10. Sl ist technisch und unübersichtlich. Umso mehr freute ich mich trotz schwindender Kraft über das On Sight. |
 |
Juhu, endlich oben. Hut ab vor jedem der die Mingus geschafft hat.
|
Für Aspiranten der Mingus sei ein Sitzbrett empfohlen, denn die meisten Stände sind sehr ungequem.
Wir waren froh das die
Route erst kürzlich saniert wurde und die fast 40 Jahre alten 8mm
Bohrhaken durch 12mm BH ersetzt worden waren. Deswegen ist die Route
noch immer abenteuerlich (7a+ obligatorisch) aber entspricht jetzt eher
dem Zustand nach der Erstbegehung als mit den Rostgurken.
Bemerkenswert
ist das die erste RP der Route 1994 von Lynn Hill in einer on sight
Begehung erfolgte als sie für die Eintages-Begehung der Nose trainierte.
Eine unvorstellbare Leistung.
12h nachdem wir eingestiegen waren
standen wir wieder glücklich und geschafft am Ausstieg und auf dem
Zahnfleich kriechend habe ich auch noch die letzte 7B+ im on sight
geschafft. So ging die ganze Route im o.s. bzw flash bis auf die Crux
welche ich im 2.Versuch klettern konnte. Wir waren mit dieser Leistung
zufrieden und unsere Füße wollten die nächsten 36h keine Kletterschuhe
mehr sehen.
So nahmen wir am nächsten Morgen Abschied vom Verdon, aber wir kommen wieder.
 |
| Nachdem uns so viele Geier in der Wand begleitet hatten in der Hoffnung das wir ihr Abendessen werden, wollten wir zum Spaß sehen ob sie unsere Salami richen konnten. |
 |
| Leider hatten die Geier schon Feierabend und kamen erst am nächsten Tag. Oder sie bekommen so spät am Abend keine Starterlaubnis mehr. |
 |
| Bis zum nächsten Mal in Verdon |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen