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Dienstag, 19. Februar 2013

Reise ins Reich der Eisriesen

Blick von der Breitwangfluh
Wer kennt es nicht dieses Gefühl im Herbst bzw. Winter so niedergeschlagen zu sein. Vielleicht ist es auch eine Art Müdigkeit die uns am Ende eines langen kräftezehrenden Jahres überfällt. In dieser Zeit schaltet man einen Gang zurück und sucht sich neue Ziele. Für mich ist diese Zeit sehr wichtig und eventuell ist sie auch der Grund für die hohe Produktivität der Nordeuropäer aber das ist lediglich meine eigene Theorie. Wenn dann einige Wochen Schmuddelwetter ins Land gezogen sind reift in mir wieder diese Sehnsucht nach Freiheit. Diese bricht bei den wenigen herrlichen Sonnentagen im Winter hervor und man fängt an zu planen.

Türsteher im Averstal
 Unser Plan war ein oder zwei Abstecher in die Alpen wo es wie immer galt je höher desto besser. Die Ziele im Winter sind gänzlich verschieden vom Sommer denn man taucht ein in das Reich der Eisriesen. Es ist wie in einem Land der Sagen und Märchen. Ein Land in dem uns die Vergangenheit wieder einholt und in der schlafende Giganten zu Eis erstarrt sind. Die Erstbegeher dieser Eisfälle beschreiben ihre Impression meist treffend mit Namen wie Thron, Blue Magic und Haizähne. Auch das Aussehen dieser Gebilde ist jedes Jahr ähnlich und weckt in uns das Gefühl alten Bekannten zu begegnen. Auch diese male war ich wieder mit Karsten Lohf unterwegs. Nach einem Wochenende im Averstal wo die Saison mit „Thron“ und „Diedrelux“ sowie Einseillängen begonnen wurde fühlten wir uns bereit für große Taten.

Karsten in der Ersten SL in Crack Baby
Es folgte ein Wochenende in Kandersteg Mitte Februar was als ein Mekka für Eiskletterer bekannt ist. Nach einer viel zu kurzen Nacht kam der Höhepunkt nach nur 4h Schlaf am Anfang des Wochenendes. Um die Ersten am Einstieg zu sein ging es um 5 Uhr von Mitholz los. Leider wählten wir den falschen Aufstieg von Mitholz aus und nicht von dem Parkplatz auf dem Tunnel nach Kandersteg (leider nicht ausgeschildert). Es war alles andere als gut mit Tourenski und im Abstieg wäre man zu Fuß auch besser dran gewesen.

Tobias am 3.Stand von Crack Baby
Gegen 8 Uhr stiegen wir in „Crack Baby“ ein und wie so oft war es bei Karsten und mir ein stetiger aber motivierender Kampf um den Vorstieg. Wir waren noch nicht weit gekommen, als sich schon die ersten kleinen Pulverschneewolken über uns ergossen. Diese zogen scheinbar langsam die 350 m hohe Breitwangfluh herunter.
Karsten am 3. Stand von Crack Baby

Was aussah wie eine Staubwolke waren kleine Lawinen die sehr unangenehm sein können. Bei größerer Lawinengefahr als Stufe 2 würde ich von einer Begehung abraten. Zudem waren die ersten Längen liegend und es lag viel Schnee auf dem Eis. In diesem Gelände ist Karsten unschlagbar, halt ein waschechter Alpinist. Als es zum ersten Mal in der 4.Sl steiler wurde durfte ich auch einmal vorsteigen. Es war steil und sehr abgefahren. Ein Eiskamin ging zu einer überhängenden Terrasse auf welche man nur schwer gelangte.
Tobias in der 4.SL von Crack Baby
 Es folgte eine 50 m Länge fast Senkrecht die Karsten wie immer zügig meisterte und nach welcher ich erneut vorsteigen durfte. Durch die Wechselführung waren wir zwar recht lange ohne große Pausen unterwegs aber das lange steigen ist einfach ein befreiendes Gefühl.

Tobias in der 6.Sl von Crack Baby
Es folgte für mich mit 35 m eine kurze aber technische Länge. Mehrere Eisbalkone wechselten sich ab und obwohl man zwischendurch immer gut stand war es zum Teil das Beste zum Aufrichten ein Eisgerät aus der Hand zu legen und mit einer Hand ein paar Strukturen im Eis zu greifen. Wenn man gut steht ist dies auch die beste Lösung um sich auf so einem Balkon aufzurichten. Nach weiteren 60 m welche Karsten in einer Mammutlänge durchstieg war es leider schon vorbei und über 300 Eisklettermeter lagen hinter uns. Im Tal war Zeit zurückzuschauen und die traumhafte Breitwangfluh zu betrachten.

Crack Baby an der Breitwangfluh
(Als Info zu den Bedingungen: Ganz links wurde die 6+ geklettert, mindestens 2 Seilschaften waren in „Metro“ und eine Seilschaft in der Linken Mixedroute links von „Beta Rocker“)

Öschinenwald in Kandersteg mit Rattenpissoir, Arbonium und Pingu (v.l.n.r.)
Nach dem anstrengenden Zustieg zur Breitwangfluh und dem phantastischem Ambiente von Öschinensee in Kandersteg war dies unsere Wahl für den Folgetag. Es ging wieder früh Zeitig los und es war in der Tat ein Wettrennen. Wir waren die Ersten am „Rattenpissoir“ und kletterten auf die erste Terrasse und dort weiter mit „Blue Magic“. Die Linie im Topo stimmt dieses Jahr nicht und man kommt komplett im Eis mit Sicherung aus. Die Einstiegssäule war allerdings ganz schön gruselig weil man nur hooken konnten sie extrem spröde war. Da hier das Seil zum abseilen reichte konnten wir beide vorsteigen.
Karsten souverän in Blue Magic
Nach dem Abseilen ging es weiter mit der genialen Seillänge unterm „Reise Integral“ (diese geht leider noch nicht) Oben durfte ich die „Haizähne“ vorsteigen welch trotz beeindruckender Formationen so gut gewachsen sind, dass es eher gängig ist. Die steilen Stellen lassen sich gut absichern und oben ist es gut ausgepickelt.
Karsten beim Abseilen von den Haizähnen
 Es folgte noch „Namenlos“ und am folgenden Morgen innerhalb von 2,5h „Pingu“. Am Ende waren wir richtig gut eingeklettert und die Längen flogen nur so dahin. Leider war für mich die Saison vorbei da ich nicht noch einmal in die Alpen komme. Somit lagen an diesem Wochenende über 800 Klettermeter im Eis hinter uns und wir waren beide um viele Erfahrungen reicher. Rückschauend freue ich mich sagen zu können, dass ich in den letzten 2 Jahren viel von Karsten gelernt habe und deutlich sicherer im Eis unterwegs bin als je zuvor. Der noch vor 2 Jahren so magische Sechste Eisgrade war schon deutlich sicherer als ich jemals zu träumen gewagt hätte. Es sind jedoch ideale Voraussetzungen wenn es im Team immer eine zweite Person gibt welche die Länge vorsteigen würde. Dazu festigt unser inoffizieller Wettstreit, mit so wenig wie möglich Schrauben pro Länge auszukommen, die Moral. Alles in allem ein gelungenes Wochenende. Ich freue mich schon auf die nächste Saison, wenn die Eiszeit von neuem beginnt.




Kandersteg im Abendlicht

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