Donnerstag, 22. September 2011
Cadarese
(Thomas in "Crack a gogo" 6c+)
Sehr vielversprechend war die Beschreibung dieses neuem Rißmekkas in Italien an der Grenze zur Schweiz. Eigendlich war Cadarese nur als Schlechtwettervariante gedacht, falls es in den Wendenstöcken regnet sollte, aber die Wetterlage war bei beiden Gebieten schlecht und so schauten wir kurz auf dem Rückweg vom Verdon vorbei.
Leider waren die Erwartungen in dieses Gebiet sehr groß und so konnte man beim Anblick der meisten Risse nur enttäuscht sein. Besonders als jemand der Indian Creek, das Yosemite und vor allem die osteuropäischen Sandsteinklettergebiete wie Adrspach bzw. das Elbi mit seinen bis zu 50m langen Rissen kennt. Doch die Enttäuschung über die normalen 25m Wege und das anfänglich sehr ungewöhnliche Bild von vielen Bohrhaken neben einem Riß war bald verschwunden. Die Qualität des Felses war sehr gut und und Haken clippen war Anfangs einfach bequem. Weiter fiel uns die weiche Bewertungen verglichen zum Verdon positiv auf undso machte das Klettern umso mehr Spaß.
Der Grund warum ich in Cadares vorbeischauen wollte war "The Doors" diese 32m langer Riß sah echt genial auf einem Video im Netz aus.(http://vimeo.com/23823477) Nur hat die Sache leider ein paar Haken und einer davon war das Fehlen dergleichen. Der andere Punkt war die eigenartige Bewertung von 7c-8b doch das muss halt jeder für sich feststellen.
Bei den Bohrhaken fand es schon etwas komisch, das die Route erst eingebohrt wurde und die Haken dann im nachhinein wieder entfernt wurden, weil jemand "The Doors" mit Klemmkeilen und Friends geklettert hatte. Es sieht nicht nur blöd aus, wenn man so einen abgeschärten Haken sieht sondern es ist auch eine Schändung des Felses. Da die Haken einmal drinne waren kann man es doch genauso halten wie bei den Nachbarrouten und diese im Fels lassen. Jeder kann dann selber entscheiden wie er die Route klettert egal ob solo mit Friends oder mit Bohrhaken. Schließlich wurde der Riß mit Bohrhaken erstbegangen. Alles was diesen Zustand verschlechtert ist moralisch gesehen verwerflich bzw. beschränkt und schränkt dadurch andere Kletterer ein. Schließlich geht es beim klettern um Selbstentfaltung und zum Teil auch um Selbstbeschränkung aber ganz sicher nicht um die Beschränkung Anderer.
(The Doors 8a+ in Cadares, Foto Tobias Wolf mit Selbstauslöser)
Mit dem bitteren Beigeschmack der entfernten Bohrhaken stieg ich in diese geniale Linie ein und freute mich über jeden gewonnenen Meter. Ich war überrascht das immer wieder Tritte in der nähe des Risses Ruhepunkte boten um die Sicherung zu legen. Es gab zwei Schlüsselstellen: Eine in der Mitte und die Zweite ganz oben. Beides waren sehr unsichere Züge und der Ausstiegszug war dazu noch viel zu weit für mich.
So freute ich mich erst einmal im AF oben angekommen zu sein und schliff die Züge beim Ablassen erneut ein. Nebenbei suchte ich die passenden Keile und Friends für den Durchstieg aus.
Nach einer ausgiebigen Pause ging es los. Die 20 Sicherungsgeräte hingen in der richtigen Reihenfolge rechts und links an meinem Gurt. Solange ich nicht ein einziges mal einen Friend mit der falschen Größe nehme ging das Ganze bis oben hin auf. Es ist schon deutlich komplexer, wenn man sich so viel auf einmal merken muß. Wenn man dann noch lange überlegen muss dann rinnt einem langsam aber sicher die Kraft aus den Armen wie Sand aus einer Sanduhr.
Der Riß hängt einige Meter über und und sorgte dafür, dass ich ganz schön aus der Puste kam. Vor allem beim legen des Materiales, weil der Riß selten parallele Stelen aufweißt und es somit schwerer ist die richtige Stelle für die Sicherung zu treffen. An der mittleren Crux angekommen war es schon einmal knapp, aber ich schleuderte mich drüber. Auch die Schüttelpunkte waren nicht so gut wie gedacht aber vielleicht lag es ja an meiner fehlenden Kondition. Also kletterte ich weiter. Zum Schluß lauerte auch noch die Schlüsselstelle mit dem garstigen Längenzug. Ich legte den letzten Keil und war froh als das Seil eingehangen war, denn dann zog mich das Gewicht des gute alten 10,5mm Seiles wenigstens nicht nach unten.
Die Arme brannten und ich kam noch ausgestreckter als sonst an den schlechten Fingerklemmer, jetzt nur noch in die sehr weit entfernte Verschneidung treten und kurz anziehen... .
Leider ging das nicht in dem gepumpten Zustand denn dann sind 168 cm noch kürzer als sonst. Langsam kippte die Hüfte nach hinten und geistesgegenwärtig nahm ich einen Zwischengriff und schnappte hoch.
Alles ging auf einmal in Zeitlupe. Ich hatte das Gefühl ich kippe raus und nahm meine Hand schnell noch mal einen Griff höher. Als ich diesen in der gepumpten Hand hielt kippte ich immer noch weiter langsam nach hinten. Also schnell die Hand dazu bringen trotz mangels an ATP sich festzukrallen und....
... ich blieb hängen, wenn auch nur gerade so. Nach weiteren 4 Züge stand ich freihändig und freute mich wie ein Kind.
(The Doors 8a+ in Cadares, Foto Tobias Wolf mit Selbstauslöser)
Jetz stellte ich mir die Frage wie ich diese geniale Linie bewerten würde. Diese entscheidung war nicht leicht. Nach dem Ausbouldern hatte ich das Gefühl es sei eher 8a aber im Durchstieg fühlte es sich schwerer an. Da wir bereits den 3.Tag kletterten liegt meine Einstufung dieser Megalinie bei 8a+. Zudem kommt, dass ich die 6.SL von "Supper Cirill" im Val Bavone als schwere empfinde. Meine Devise ist aber das die Kletterschwierigkeit bewertet wird, nicht das Absichern der Route.
Hier gibt es ein kleines handgemaltes Topo auf einem Blog eines Schweizers
http://slack-line.ch/wp-content/uploads/2011/06/Cadarese_TopoV2.pdf
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Hallo,
AntwortenLöschenein super Artikel, spannend geschrieben. Die Fotos sind wirklich spitze!
HG
Andy aus Österreich