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Original Topo von El Corazon |
der Ruhetag war viel zu kurz und die
Haut war noch empfindlich beim hantieren mit Seilen. Doch es half
alles nichts, die Zeit war so beschränkt und kostbar, dass man sie
nicht mit Ruhetagen verschwenden konnte. So ging es am eigentlichen
Ruhetag zu den Fixseilen um mit Haulbag und Essen und Wasser für 5
Tage zu unserem vorher gekletterten Ende vom Freeblast hoch zu
jümaren. Eigentlich schon komisch, einen Tag zuvor schleppten wir
uns noch total geschafft und hungrig vom Middle Cathedral Rock zurück
ins Camp 4 und heute, noch Müde von der letzten Route, geht es schon
wieder los. Das woran man diese Müdigkeit am meisten spürte, waren
die stärkeren Zweifel ob man der Route überhaupt gewachsen war. Der
Ruf von El Corazon ist nicht gerade der einer Sportkletterroute. In
dieser Route werden beim Technoklettern häufig verwendete Birdbeaks
als Zwischensicherung verwendet. Das eine mal in der „Beak Flake“
5.13b wo ein Dynamo angeblich nur so abgesichert werden kann und das
andere mal bei „Bobby's Bunny Slope“ einer 5.12c Reibung wo
dieser die einzige Sicherung darstellte. Dazu kam noch das ich
massive Respekt oder besser gesagt Angst vor der „Roof Traverse“
5.13b hatte, da ich sie schon auf Fotos sowie live aus der
Nachbarroute gesehen hatte. Die Zweifel waren also da. Es war
einerseits die begründete Angst vor dem Unbekannten andererseits ob
man das richtige Material dabei hatt. Uns wurde mehrfach nahegelegt,
das wir ein paar Normalhaken, Birdbeaks und einen Hammer mitnehmen
sollten. Aus Gewichtsgründen entschied ich mich dagegen. Mit all
diesen Gedanken stieg ich an den Fixseilen nach oben. Issy hatte mir
angeboten, das er an den Fixseilen das Haulen, also das ziehen des
Haulbags mit Portaledge übernehmen würde. Wenn er vorsichtig ist,
meint er, dann geht das mit dem Ellenbogen schon und es wäre die
einzige Möglichkeit mir etwas Arbeit abzunehmen.
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Issy beim Haulen am "Ruhetag" |
Die nächsten Tage
geht dies nicht, denn wenn ihm der Ellebogen schmerzt muß er
jederzeit loslasen können und das geht im Vorstieg natürlich nicht.
So ging es nach einer Nacht auf den „Mammoth Terraces“ los und
wir fanden den Weg nicht richtig. Das Topo war an dieser Stelle
falsch. Nach 30 Minunten suchen hatten wir Erfolg. Die ersten 4
Längen waren nicht schwer, aber es dauerte dennoch den halben Tag
bis wir an der ersten Crux der „Beak Flake“ waren. Auch hier war
das Topo falsch aber diesmal zu unserem Glück. Etlicher Wiederholer
berichteten, das anstelle eines Birdbeaks einige Rivets geklippt
wurden um die Sicherung zu verbessern. Auf dem Pfeiler wo man
eigentlich rechts absteigen sollte angekommen, stellte ich fest das
die logische Linie gerade hoch ist wo man genau in die „Beak Flake“
gelangt. An dieser Stelle die von der Technoroute Albatross
geklettert wird war ein Bohrhaken und es sah noch dazu besser aus.
Wenn diese Linie jetzt noch frei zu klettern geht dann wäre alles
super. So kam es und es gelang. Zwar mußte das Seil für den
Rotpunktdurchstieg noch mal abgezogen werden, aber diese erste Hürde
war somit für mich genommen. Issy fiel leider in der Durchstiegscrux
der Länge, wollte seinem Arm jedoch keinen weiteren Versuch
zumuten. Wichtig war ihm die freie Begehung also ohne Kletterzüge
auszulassen. Uns trennte nur noch die „Beam Flake“ einer
anstrengenden 5.11a Hangel von unserem Tagesziel. Der Stand war zwar
ok mit einem kleinen Band daneben, aber der einzige Aufhängepunkt
welcher von der Höhe und Wandstruktur geeignet war um das Portaledge
aufzuhängen war ein Rivett. Dies ist im Grunde eine
Maschinenschraube die in die Wand gedroschen ist und man hängt das
Stahlkabel eines Klemmkeils darüber um diese als Sicherungspunkt zu
nutzen. Solange die Belastung nach unten kommt vollkommen ausreichend
halt nur etwas gruselig. So verlief die Nacht recht ruhig, nur Issy
schaute häufig besorgt zum Rivett hoch.
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Unsere erste Nacht an einem Rivet. |
Der kommende 2. Tag war vorn
vornherein der Tag mit den meisten Unbekannten bzw. unsicheren
Längen, denn es waren die berüchtigten Reibungsquergänge mit den
Birdbeaks. Wir planten deshalb nur 3 Längen für den Tag um den
Beginn des markanten Verschneidungssystems zu erreichen. Der Morgen
fing schon mal schön an. Brüchiger Fels mit mäßig guter sicherung
vom Stand weg. Die Länge querte und der Haulbag mußte umständlich
seitlich herausgelassen werden. Es folgte eine 12d die mit Birdbeaks
recht gut gesichert war und zum glück guten Fels aufwies. Die
Schwierigkeit war moderat, bis kurz vor dem Ende der Verschneidung
die Strukturen aufhörten. Eigentlich sollte es an einem Normalhaken
links auf die Wand queren, aber der Haken war nicht da. Im einzigen
guten Griff brachte ich einen Friend unter. Was folgte war ein
Boulder nach links mit einem sehr weiten Zug ohne Tritte. Nach
längerem Bouldern gelang dieser wie auch im Durchstieg. Zum glück
war Issy etwas Länger, denn die Sicherung im Nachstieg war nach
aushängen des Friends nicht so optimal. Das wäre ein Grund einen
Hammer und einen langen Knifeblade bzw. einen 3mm Lost Arrow für den
Nachsteiger mitzunehmen. Nun standen wir vor der berüchtigten
Reibungslänge „Bobby's Bunny Sloppe“ Ein paar Kekse aus unserem
Haulback und Issys gutes zureden und es ging los. Die Crux folgte
kurz nach dem Stand und dann ging es leicht um die Ecke und Hoch. Was
folgte waren ein Birdbeak am Beginn eines Reibungsquerganges zum
nächsten Stand hin. Die Sicherung ließ sich mit einem Mikrokeil und
mit einem Metolius Mastercam (#0) rechts in einer Rißspur so
ergänzen, dass man meint die Sicherung könnte einen Sturz halten...
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Bobby's Bunny Slope die ersten Meter. |
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Issy in Bobby's Bunny Slope. |
Nur ging es 30min vor und zurück, denn die Reibung war schwer zu
lesen und die Tritte glatt. Als es endlich gelang war die
Erleichterung groß und wir freuten uns die Verschneidung noch etwas
hochklettern zu können um den nächsten Tag zu verkürzen. Doch wie
immer wenn es schnell gehen sollte gelang dies nicht, und der
Haulback verhängte sich auch noch. So schafften wir noch 3 Längen
bis zum Dunkel werden welche breite Hangeln mit #6 Camelot und sogar
einen mäßig schweren 12b Offwith beinhaltete. Der „Kierkegaard
Chimeney“ sieht zwar beeindruckend aus, aber mit einem #5 und einem
#6 Camelot sowie mehreren #2 und #1 läßt er sich gut absichern. Als
es anfing dunkel zu werden hatte wir allerdings das Problem, das
keiner der Standplätze für ein Portaledge geeignet war. Die
Bohrhaken waren alle zu nahe an der Verschneidung und so mussten wir
2 Längen abseilen denn die ersten beiden Stände im
Verschneidungssystem waren geeignet. Das Seil Ließen wir hängen um
am folgenden Morgen mittels Jümaren wieder aufzusteigen.
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Die Erste Verschneidungslänge luftig und schön. |
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Unser Biwak am Fuße der Verschneidungen. |
Der
Biwakplatz war echt schön und die Verschneidung schützte vor dem
kalten Wind. Beim aufstehen am folgenden Morgen war es kühler als
sonst. Das Thermometer zeigte weniger als 5 Grad an. Da war Jümaren
zum Aufwärmen sehr angenehm. Für den 3. Tag stand die „Coffee
Corner“ und mit der „Roof Traverse“ die Crux der Route an. Für
die letztere plante ich den halben Tag denn das ausbouldern der 5.13b
und der Durchstieg würde sicherlich dauern. Deshalb klingelte der
Wecker auch schon um 6 Uhr. Die kommenden Verschneidungen waren
geniale Handrisse und etwas Kamin. Wir gelangten schnell zur „Coffee
Corner und wenn man diese halb als Kamin klettert und dann mit dem
Gesicht nach außen spreizt ging es ganz gut. Gegen 14 Uhr waren wir
unter dem Dach und auch Issy freute sich die 20m lange „Coffee
Corner“ durchzusteigen.
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Die schönen Handriße unter Coffe Corner |
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Coffe Corner, mit der Spreize als Lösung. |
Nun hingen wir unter dem Dach. Es war ein
besch... Hängestand und der Wind frischte wie immer auf wenn die
Sonne in die Wand kommt. Nur leider hatten wir nichts von der Sonne,
denn anfangs blockierte die Verschneidung ihre wärmenden Strahlen
und später am Stand darüber das Dach. Das einzige was ich für Issy
machen konnte war den Haulbag so in die Verschneidung am Stand zu
hängen das er mit den Füßen darauf stehen konnte. Was folgte
dauerte lange und war extrem anstrengend. Das Ausbouldern dauerte
scheinbar ewig und als ich am „Tower of the People“, unserem
erklärten Tagesziel ankam, war ich fix und fertig. Ich saß angenehm
in der Sonne und wußte ich mußte wieder zurück in den Schatten und
die Kälte des Daches um durchzusteigen. Allerdings fühlte ich mich
nicht im mindesten dazu in der Lage. Was sollte ich machen? Es gab
die Option für heute schluß zu machen und es morgen erneut zu
versuchen. Allerdings wäre dann der Haulbag bereits am „Tower of
the People“ und der Stand wäre für Issy noch unbequemer. Außerdem
würde das einen weiteren Tag in der Wand bedeuten. Wir hatten zwar
noch Essen als Reserve aber es so grundlos vergeuden wäre sinnlos.
Es war jetzt 17 Uhr und das heißt nach einer Stunde Pause noch Zeit
für 2-3 Durchstiegsversuche. So seilte ich herüber und jümarte zu
Issy hoch. Für die Stunde Pause hängten wir uns etwas unter das
Dach in die Sonne und die Eiszapfen am Issy begannen zu tauen. Da
Issys Finger schon Blasen aufwiesen verzichtete er darauf in meiner
Pause die Züge zu probieren.
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Die Roof Traverse, eine der anstrengensten 8a die ich je geklettert habe. |
Eine Stunde und einige Müsliriegel
später ging es wieder unter das Dach in den Schatten. Das jümarn
fiel mir mit den müden Armen schwer und ich hatte dieses komische
Gefühl im Bauch welches man immer vor Seillängen hat die man eher
nicht noch einmal klettern möchte. Es half alles nichts ich musste
es versuchen. Noch ziemlich steif vom langen hängen im Gurt ging es
mit schmerzenden Armen und kalten Fingern los. Die ersten schweren
stellen glückten und ich ignorierte das knirschen unter den Füßen.
Vom vielen Pressen und hakeln mit dem Fuß krampfte mein
Schienenbein, aber es ging weiter. Ehe ich mich versah, war ich
wenige Züge vor einem schlechten Schüttelpunkt wenn ich diesen
erreichen konnte hatte ich eine Chance. Ich kämpfte mich
pressenderweise zu diesem durch und schöpfte etwas Hoffnung. So
quälte ich mich weiter durch das Dach und am Ende wäre ich beinahe
noch einmal weggerutscht weil ich kaum noch Kraftreserven hatten.
Jedenfalls gelang der Durchstieg im 2. Versuch, wie genau kann ich
auch nicht sagen ich war viel zu geschafft. Wahrscheinlich hat zu
viel Laktat im Blutkreislauf einen negativen Einfluss auf das
Gedächtnis. Damit war das Tagesziel erreicht und das nicht zu
zeitig.
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Issy unter dem Dach in der letzten Sonne des Tages. |
Ehe Issy und der Haulbag bei mir waren, war es schon fast
dunkel, denn das Seil verklemmte sich noch im Dach.
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Issy in der Abschußhangel der Rooftraverse. |
Der Biwakplatz war ausgezeichnet und
die Seillängen die folgten kannte ich zum Zeil noch von Golden Gate.
Dennoch war die Nacht alles andere als erholsam. Ich war so
geschafft, dass ich kaum Schlaf bekam. Ich wachte viel zu oft mit
Krämpfen und schmerzenden Fingerkuppen auf und es drängte sich mir
die Frage auf ob ich die zwei 5.13er Längen ohne Ruhetag noch
Durchsteigen kann.
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So sieht ein gemütlicher Biwakplatz aus am Tower of the People. |
Am Morgen ging es etwas besser, doch gut war es
nicht gerade. Ich boulderte die Längen kraftsparend aus und konnte
sie gerade so durchsteigen. Allerdings war das Wetter irgendwie
komisch. Die Schleierwolken wurden immer dichter und schließlich
kamen dicke schwarze Wolken. Die Seilschaften die wir unter uns in
anderen Routen gesehen hatten seillte alle ab. Wussten diese etwas
was wir nicht wussten. Zog etwa ein Sturm auf? Leider hatten wir so
keinen Empfang um uns den Wetterbericht sagen zu lassen also machten
wir weiter. Im Zweifelsfall hatten wir das Rainfly vom Portaledge um
einen Sturm trocken zu überstehen. Das ganze machte es nicht gerade
leichter für mich.
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Issy in Golden Dessert 5.13a |
Der zusätzliche Stress und die Erschöpfung
machten sich bemerkbar, als ich bei einer 5.12a die Einzelzüge nicht
mehr brachte. Erst als ich den Großteil der Friends vom Gurt
abmachte und bei Issy ließ gelang der Durchstieg. Die großen
Friends zog ich später am Materialseil hoch zu mir, denn ich
brauchte sie zum Stand bauen.
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Ich in der A5 Traverse. Das ich diese Länge vor 3 Jahren geflsht habe war in meinem Zustand gerade unvorstellbar. |
Der Stand war nicht besonders bequem
und für ein Portaledge nicht geeignet. Es fehlten noch 3 Längen bis
hoch. Es wurde immer dunkler doch wir machten weiter. In der Mitte
einer glatten 5.12er Hangelverschneidung fing es mit Regnen an. Ich
hatte meine Zweifel ob es die richtige Entscheidung war, doch ich
machte weiter. Issy schickte mehrere Stoßgebete gen Himmel, denn die
Absicherung war nicht gerade rosig. Zum Glück blieb es bei dem
Nieselregen und wir schafften es bis hoch. Es hatte sich spürbar
abgekühlt und die Luft roch nach Schnee. Wir waren oben.
Glücklich alles RP geklettert zu haben
freuten wir uns kurz bevor wir weiter hetzten. Was wir jetzt
brauchten war nur noch ein Baum wo wir das Portaledge mit Rainfly
aufhängen konnten und das wenn es geht bevor es anfängt zu regnen.
Wir schafften es und blieben somit trocken. Der Sturm ließ sich
ausreichend zeit und tobte über Nacht durch das Valley. Im
Nachhinein erfuhren wir, das der Sturm viel schlimmer angesagt war
und deshalb alle Seilschaften abgeseilt sind.
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Unsere bleibe für die stürmische Nacht auf dem El Cap |
Für uns endete El Corazon nach einer
fast schlaflosen und unruhigen Nacht mit dem Abstieg am Folgetag. Es
war zwar ein Erfolg aber wir fühlten uns nicht gerade so. Doch
echten Erfolg muss man sich erkämpfen und so wird es wahrscheinlich
noch einige Tage dauern bis wir uns richtig freuen können. Issys
Zeit im Valley ist damit zu Ende und ich freue mich wieder auf
Kerstin und Leopold.