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Montag, 15. Mai 2017

Mt Watkins - aka "size matters"


Da am El Cap immer noch nicht die gewünschten Bedingungen für unsere Routen herrschten und wir zudem festgestellt hatten, dass unsere Fitness nicht gut genug war entschieden wir uns für andere Ziele die auch besser zum Wetter passten. Das Wetter im Valley spielte echt verrückt und normalerweise hatten wir bereits im April die ersten Tage mit 40 °C aber jetzt hatten wir Mitte Mai Frost. War am Ende auch gut so, denn was da noch an Schnee in der High Sierra lag das sollte am besten nur langsam tauen, sonst ist alles unter Wasser.

Das Ziel war wie gesagt die Südwand am Mt. Watkins. Der Mt. Watkins lag sehr abgelegen am Ende des Tales und ist dem Abstieg zusammen 10-14 Meilen (ca. 20 km) zu laufen. Den Zustieg kannte ich bereits, leider musste ich damals den ganzen Weg wieder zurücklaufen, weil Leopold und Kerstin wegen zu langem Aufenthalt im Camp 4 vom Ranger des Zeltplatzes verwiesen wurden. Ohne Vorgreifen zu wollen muss ich sagen, dass der Berg wahrscheinlich was gegen mich hat.

Der Mt. Watkins wäre wenn er nicht so abgelegen wäre, genauso beliebt wie der El Cap. Denn er ist auch fast 800 Meter hoch. Obwohl ich den Zustieg bereits kannte brauchten wir fast 4h, bis wir im letzten Tageslicht am Einstig standen. Das dusseligste am Zustieg war, dass die kleinen Bäche die wir überqueren mussten zur Zeit reißende Ströme waren, die einem keinen Fehler verzeihen. Wenn man einmal in deren Fluten fällt und man war verloren und wenig Chancen zu überleben. Als passionierte Wildwasserfahrer wussten wir das zu genüge, doch es half nichts wir mussten da rüber. Die unangenehmste Stelle konnten wir durch einen Baum überqueren der über dem reißenden Bach lag. Doch leider war der Baum war klatschnass und rutschig. Da half es uns wenig, dass der Baum 1,5 m im Durchmesser war, wir mussten auf allen Vieren darüber hinweg kriechen. Alles rutschte und der Blick ins tobenden Wasser reichte aus um zu wissen, dass man hier nur einen Versuch hatte.


Am Einstieg angekommen dachte ich mir jetzt habe ich es endlich geschafft und kann mich an dieser tollen Wand versuchen, bis Thomas fragte wo denn Autoschlüssel eigentlich war. Tja wo war der denn, wo nur, misst verdammter wo war er denn nur? Als wir etwas spontan aufgebrochen sind da gerade in Shuttelbus kam und uns 2km extra Zustieg ersparte, hatte ich schnell noch das Auto zugemacht und in die Tasche gesteckt. In der Tasche war der Schlüssel jedenfalls nun nicht mehr, also blieben nur noch 4 Stunden Waldmarsch querfeldein ohne Weg wo ich den Schlüssen verloren haben könnte. Den Schlüssel finden wir nie wieder und wir hatten alles im Auto auch unser Geld. Thomas bot mir zwar an zurückzugehen wenn ich das will, aber dann wären wir wieder gescheitert bevor wir eigentlich eingestiegen waren und das wollte ich nicht. Zudem hätten wir das Problem mit dem Autoschlüssel sowieso, ob wir die Wand nun klettern oder nicht. Dann können wir die Wand ebenso gut klettern und das Problem später beheben.

Gesagt getan am nächsten Morgen ging es zeitig los. Warum der Mt. Watkins meist in der kühleren Jahreszeit geklettert wird merkten wir als uns um 7:30 Uhr die Sonne traf. Ich fand es waren trotz der 10 Grad ganz schön warm wenn nicht sogar heiß, wobei Thomas trotzdem fror. Zum Glück hatten wir da die erste Hürde des Tages hinter uns. Ein 5.12a Reibung die mit 7 Haken auf 45 m nicht gerade gut gesichert war. Dazu kam, dass das an klettern des 3. Hakens die Crux darstellte. Auf mikroskopisch kleinen Tritten stand ich und es stört mich auch nicht wenn man dabei nichts in der Hand hat. Das Eigenartige an dieser Kletterei ist leider das diese Fähigkeit abnimmt je weiter man über der letzten Sicherung steht. Ich glaube das hängt mit den Nerven zusammen und das die im Alter nicht besser werden. Bei dieser 2. Seillänge hatte ich bereits ordentlich Nerven gelassen. Das der Granit hier besonders glatt war, hatte auch nur einen einzigen Vorteil: Beim wegrutschen nutzten sich die Hände und die Kletterschuhe nicht so stark ab. War dennoch ein komisches Gefühl meine Abgänge. Ich glaube so fühlt sich ein Motorradfahrer der sich zu stark in die Kurve gelegt hat.
Als man irgendwann wusste wie es geht, war es kletter bar aber ich fand es immer noch eine straffe 9a/b Reibung und ohne gute Schuhe undenkbar.


Wir kamen gut voran, trotz dass die Linienführung nicht immer offensichtlich war. Es war wohl um die Mittagszeit da hatte ich wieder mal eine sehr unangenehme 12b abbekommen. Die Kletterei war sehr heikel, ich hatte massig Seilzug und der Haken war bestimmt über 20 Jahre alt und würde keinen Sturz halten. Um die guten Schuhe anzuziehen war es nun zu spät und die besagte Rostgurke war für 10 Meter die einzige Sicherung. Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass ich mich alles andere als wohl fühlte und ich merkte das meine Nerven nicht mehr so die besten waren.
Zum Thema Moral also Angst beim Klettern hab ich mir über die Jahre so meine eigene Theorie zusammengereimt. Deshalb vertretete ich die Ansicht, dass die Menge an Angst welche man pro Tag ertragen kann begrenzt ist. Sollte man dies Grenze erreichen, dann ist man moralisch gesehen nicht mehr gut unterwegs. Ja so ging es mir jetzt aber irgendwann hatte ich die 9. Seillänge hinter mich gebracht.
Die Sonne war wie geplant bereits aus der Wand gedreht, als wir die Crux in der 14. Seillänge erreichten. Diese Stelle war schon immer die größte Unwägbarkeit der ganzen Route gewesen. Ein Dynamo wo man mit allem was man hat die Wand verlässt, nur um hoffentlich einarmig an einem Aufleger hängen zu bleiben. Tommy Caldwell benötigte immerhin knapp 20 Versuche ehe er am Aufleger hängen blieb und stufte die Stelle als V9 Boulderproblem ein. Das Hängenbleiben war jedenfalls nicht mein Problem, denn so sehr ich auch sprang mir fehlten immer 5 cm bis zum Aufleger. Das mag vielleicht daran liegen, das ich bei Leichtathletik nie besonders gut war oder das ich 10 cm kleiner als der Hausmeister vom El Cap bin. Thomas brauchte 3 Versuche bis er am Aufleger hängen blieb aber das hin springen bereitete ihm auch wenig Probleme. Tja da hat es mir der Mt. Watkins am Ende doch noch gezeigt und das 4 Längen unter dem Gipfel. Na ja, da wir den Abstieg nicht mehr am heutigen Tag schaffen würden richteten wir uns so gut es ging am Band unter der Crux ein. Das war zwar nicht die beste Wahl, denn mein Band war so abschüssig, dass ich die die Ganze Nacht mit den Füßen in der Luft baumelte und in den zurechtgelegten Seilschaufen hing. Mal was neues so ein halb liegender Hängestand, dafür konnte ich die ganze Nacht den Vollmond bewundern.

Die letzten 4 Längen waren noch mal ein paar schöne Risse dabei und wir standen 10:00 Uhr auf dem Gipfel. Bis auf den einen Zug konnte ich alles frei klettern und durchsteigen. Trotzdem ist es irgendwie komisch 5 cm vor dem Ziel zu scheitern. Da haben Nordamerikaner halt doch recht wenn sie sagen "Size matters" (auf die Größe kommt es drauf an). Nur das die Amerikaner dies auf ihre Autos, Häuser usw. anwenden. Vor dem Abstieg hatten wir etwas bedenken, da wir wegen des vielen Schnees den Weg nicht finden würden welchen wir nach einer Stunde querfeldein laufen treffen müssen um auf diesen 7 Meilen zum Auto zurückzulaufen. An dieser Stelle half uns aber die moderne Technik. Dank des GPS im Handy und den Kartendaten der Gegend hatten wir eine Orientierung und ohne dieses hätten wir auch nie gewusst das dieses Rinnsal was immer mal wieder mit Schnee bedeckt war unser Abstieg sein soll.

Zur Krönung des Tages versperrte uns noch ein



e ca. 1,2 m lange Klapperschlange den Weg. Am Abend bekamen wir dann in Fressno einen neuen Mietwagen.


1 Kommentar:

  1. Size matters also. Wieder was gelernt. Und dann kommt auch noch Pech dazu, was etwas grüblerisch macht. Nicht, dass wir unsere Ziele zu hoch gesteckt haben. Denn ich wollte ja eigentlich nur die bequemen Schuhe mitnehmen. Da es aber aktuell so aussieht, als ob der Alterspräsident besser und lieber zu Hause bleibt, ist für ein paar Schuhe und einen well sized Ersatzschlüssel Platz im Koffer. In diesem Sinne, Danke für Deine Mühe mit der Zerstreuung. Auf bald!

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